Seite:De merian Westphaliae 037.jpg

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beruffen / angestellet. Also habe auch der Raht allhie / Anno 1598. die Adeliche Brüder von Saldern / welche Hertzog Heinrich Julius von Braunschweig / auff das hefftigste verfolgete / weiln sie auff dem Landtag der Statt Braunschweig / das Wort gered / vnd sie in etwas vertheydiget / auffgenommen / vnd in ihrer Statt versorget / damit sie keinen Gewalt zuleyden hätten; daher die Statt nicht eine geringe Vngunst / vnnd Widerwillen deß Hertzogen / auch sich geladen habe; weiln daher die erste Vrsach / der so schädlichen Zwytrach / vnnd Kriegs / mit den Braunschweigern / entstanden seye. Melchior Goldastus, in seinem Buch von dem Königreich Böheim / meldet lib. 6. cap. 20. p. 741. Daß in der Stände der Graffschafft Lippe Freyheiten versehen seye / daß auch der Graffen Söhne zur Nachfolge / nicht zugelassen werden / außgenommen / der jenige / welchen sie / die Stände / als einen Würdigern / vnd zum Regiment Tauglichern / erwöhlen / oder welchen die Stätte Horn / vnnd Lemgow / durch ihre Stimmen / ernennen. Ist ein ansehenliche / schöne / vnd wol erbawete Statt; allda es auch ein gute Schul / vnd Buchdruckerey vor diesem gehabt / welche aber / wegen jetziger Kriegsläuffte / in Abgang kommen. Vnd ist das Bier allhie gesotten / gar angenehmen Geschmacks.

Allhie ist zusehen / die Slaves-Pfort / so viel / als der Wenden / so vor Jahren da gewohnet / Pfort. Die alten Thürn an der Stattmawren daselbst / darauff eine Crone / vnd darinn der Lindwurm der Slaven / oder Wenden / vnd ihrer Könige Wappen / seyn auch zubetrachten. Der Juterbock ein groß hoch Gebäw / so daselbst gezeiget wird / ist so viel / als Gott / die Sonne / wiewol es andere von dem Wort / Jupiter / her ziehen; wie in der Lippischen Chronic p. 301. stehet / daselbst auch p. 499. seq. gesagt wird: Daß allbereyt zu deß Keysers Lotharii Zeiten / die Graffen zur Lipp diese Statt besessen / nämlich / Bernhardus I. Graff Simon der Erste / hat zur Alten auch die Newe Statt gebawet. Dahin Anno 1306. auch ein Nonnen Kloster kommen. Graff Simon der Dritte / hat Anno 1369. bewilliget / daß die zwey vnderschiedliche Regimenten beyder Stätte / forthin ein Corpus seyn / vnd beyde Stätte für eine gehalten werden solte. Anno 1342. hat das Wasser in der Newen Statt grossen Schaden gethan / viel Leut ersäuffet / vnnd etliche verstorbene Leiber auß den Gräbern hinweg geführet. Anno 1447. ward die Statt in dem Soistischen Krieg von den Böhmen / so Hertzog Wilhelm zu Sachsen / dem Ertzbischoff von Cölln zuhülff geschickt / außgeplündert. Anno 1609. vnd folgende / gab es Vnruhen allhie / darvon in der besagten Lippischen Chronic fol. 659. seq. zulesen. Anno 1612. war ein groß Erdbebung daselbst. Anno 1637. ward sie von den Keyserischen verlassen / vnd gab darauff den Hessischen eine Brandstewer. Aber / als die Keyserischen wider darfür kamen / geschahe grosser Schade mit Fewer / vnd ward ihnen die Statt im Novembri auffgeben; die solche innengehabt / biß sie An. 1646. von dem Schwedischen Herrn General Leutenant Königsmarck wider erobert worden.

Gar nahend dieser Statt / ligt ein schön / wolgebawet / Gräfflich Schloß / Namens Brake / welches vor diesem das Residentz-Hauß / Herrn Graffen Simon deß ältern / gewesen. Nach dessen tödlichen Abgang aber / in Zertheilung der Graffschafft / dessen Sohn Herrn Graff Otten zur Lippe / etc. zu Theil worden / welcher daselbst annoch besitzet.


Lippspringk / Lippspring /

Von Theils Leibspring genannt / hat den Namen / weil in diesem Stättlein der Vrsprung deß fürnehmen Wassers / der Lippe / im Stifft Paderborn / vnd also in Westphalen / gelegen. Dieses Stättlein ligt eine Meil von Paderborn / stösset an die Gräntze der Graffschaft Lippe / vnd sonderlich / an die namhaffte Heyde / die Senne genannt / welche Heyde dem reysenden Mann sehr gefährlich / weiln dieselb vber zwo Meilen gantz vnbewohnlich / vnnd derohalben von den Strassenräubern gemeinlich vnsicher gemacht worden. Es gehöret dieses Stättlein eygentlich dem Thumb-Capitel / welche daselbst ein Schloß haben / neben welchem obgedachter Fluß / die Lippe / auß einem vnergründlichen Springbrunnen / ohngefehr sechs / oder acht Schritt in der Weite / entspringet / vnd alsbald etliche Mühlräder treibet.

In der Braunschweigischen Chronic stehet / am 10. Blat: Daß der Römer Niderlag / vnter Quintilio Varo, in der Graffschafft Lippe / nicht weit von dem alten / nunmehr verwüsteten Schloß Falckenberg / am Teutenberger Wald / da heut zu Tag noch ein eben Feld / das Windfeld / von der Teutschen Vberwindung also genennet / vorhanden / vnnd ein Bach fürüber laufft / die Rode Becke / so von dem vergossenen Römischen Blut den Namen gekriegt / gescheyen seye. Dieser Ort lige zwischen Lipspring / da die Lippe / vnnd dem Stapelager Berge / da die Emse ihren Vrsprung haben / fast mitteninn. Siehe oben Dethmold / vnd Duißburg. Also 1640. den 16. Octobris / hat es ein starckes Fechten / bey diesem Stättlein Lippspring / zwischen den Keyserischen / vnnd Schwedischen / abgeben; darüber die Schwedischen ziemlich eingebüßt haben.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Westphaliae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_merian_Westphaliae_037.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)