Seite:De merian Westphaliae 078.jpg

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succediert hat. Besagter Bertelius ist An. 1595. vom König Philippo II. als Hertzogen zu Lützelburg / denominiert / vom Papst Clemente VIII. confirmiert / vnd vom Lothario, Ertzbischoffen zu Trier / im Namen / vnnd an statt deß Keysers / mit den Regalibus investiert worden; wie er selbsten in Historia Luxemburgensi, pag. 178. schreibet. Vnd hat die Kirchen deß Klosters / vier Thürn / in deren auch Carolomannus, deß Keysers Caroli Calvi Sohn / ruhen soll. So ist in dem Stättlein auch ein Kloster zu S. Clara / dessen Stifftung dem König Johanni auß Böheim zugeeygnet wird. Vber den besagten Fluß Sura / geyet allhie ein schöne steinerne Brück.


Eggestorff / oder Eggersdorff /

in der Graffschafft Schawenburg / ist vor diesem ein Frawen-Kloster gewesen: Jetzt ein Ampt / in welchem man vor nicht gar langer Zeit Gold- vnnd Silber-Ertz / auch Kupffer / vnnd Eisenkieß / erfunden. Vnnd dieses Ampt wil man fast nur allein / auß allen andern dieser Graffschafft / nach Abgang deß Gräflichen Schawenburgischen Manns-Stammens / für eygen / vnd erblich / heutiges Tags / halten.


Engeren / Engern / Angrivaria,

Angern / von den Angrivariis, der Bructerorum Feinden; den Namen führende / ist vor Zeiten eine Statt gewesen / aber nach ihrer Zerstörung / vergleichet sie sich an jetzo mehrers einem Dorff. Widekind / weyland / der Sachsen König / so viel Jahr mit Keyser Carl dem Grossen / Krieg geführet / hat allhie Hoff gehalten / ist auch allda begraben worden; wie dann seine Grabschrifft noch daselbst / wie David Chytraeus in Orat. de Westphalia setzet / gelesen werden solle; wiewol Elias Reusnerus, in Steminate Witichindeo p. 13. vnnd die Braunschweigische Chronic / am 54. Blat / berichten / daß er hernach vom Keyser Heinrichen dem Ersten / nach Padeborn versetzt worden seye. Andere sagen: Daß die nahend gelegene Hervorder (so den halben Theil von dem Stifft zu Engern / vnnd den andern die Magdeburger bekommen) deß gedachten Witekinds Gebeiner / mit andern dergleichen Sachen / (als Stab vnd Täschen) so sie von Engern hinweg geführet haben / weisen sollen. Obgemelte Braunschweigische Chronic berichtet am 55. Blat / daß die Keyserin Mechtild / nach dem ihr Herr / Keyser Henricus I. obgedacht / den Thumb allhie zu Engern weggenommen / daselbst wider ein Stifft / in die Ehre vnser lieben Frawen / vnnd S. Dionisii, gemacht habe. Siehe von diesem Ort / ein mehrers beym Reinero Reineccio, in Commentatiuncula de Angrivariis. Es führen von solchem / den Hertzogs Titul / so wol der Herr Churfürst zu Cöllen (als welchem Ertzstifft / Keyser Friderich der Erste / nach dem Hertzog Heinrich der Löw zu Bayern vnnd Sachsen / in die Acht erkläret worden / denselben gegeben / ob schon einer vermeynet / daß Engern allbereit vorhero bey Cölln gewesen seye;) als auch die Herrn Hertzoge in Nider-Sachsen / oder zu Lawenburg: Aber es gehört der Ort Engern der Zeit zur Graffschafft Ravensperg / nach dem derselbe / vor diesem / selbigen Graffen versetzt worden / vnd / auff deren Abgang / zu den Gülchischen Ländern kommen ist; wie Joh. Angel. à Werdenhagen de Rebusp. Hanseat. p. 3. c. 1. fol. 206. auß besagtem Reineccio, vnd deß Angeli Brandenburgischer Chronic / hievon zulesen. Es setzen auch nicht allein die Landtafeln; sondern ingleichem der Newe Atlas dieses Engern in die gemelte Gülchisch- oder Bergische Graffschafft Ravensperg außtrücklich.

Von diesem Ort stehet in der Lippischen Chronic / an vnderschiedlichen Orten folgends: Engern die Statt / vnd veste Burg / nicht weit von der Statt Herfurt gelegen / hat den Namen / von Angern / à Campestri planitie von einem Ort / der ein guter Anger ist. Das Land gräntzet mit den Stifftern Minden / vnd Oßnabrück / vnnd den Graffschafften Lipp / Teckelnburg / vnd Ravenspurg. Vnd obwol Statt vnnd Burg jetzt verwüstet ligt / so ist doch der Ort wegen der alten Sächsischen Könige / sonderlich deß Grossen Witekindi, der allhie gewohnt / vnd begraben worden / berühmt: Wie dann noch sein Grab allhie gewiesen wird / mit dieser Schrifft:

Ossa viri fortis, cujus sors nescia mortis,
Iste locus claudit: Euge bone Spiritus audit.
Omnis mundatur, hunc Regem qui veneratur,
Aegros his morbis, Coeli Rex sanat, et Orbis.

Ist gestorben An. 807. seine Gebein aber hat Keyser Henricus I. gen Paderborn versetzt; wiewol Theils wollen / daß sie gen Bethlem / das ist / Bratlehem / da er auch soll getaufft seyn / geführet worden. Das Stifft / so er allhie angeordnet / darvon noch jetzt die Kirch / vnd darinn das gedachte Grab / vorhanden / hat man nach Herfurt in die Newstatt transferiert. Mit der Zeit kam Engern an Hertzog Heinrichen den Löwen zu Sachsen / der solche Herrlichkeit Graff Berharden zur Lipp / wegen seiner getrewen Dienste / gegeben. Dieweil aber zur selbigen Zeit der Bischoff von Oßnabruck / die Pfarren / oder Kirchspiel / Mell / Reimslag / Hagel / vnd andere / davon mit Gewalt genommen / so wolte auß deß besagten Graffen Nachkommen / Graff Simon I. zur Lipp / solche wider haben / ward aber im Krieg gefangen / vnd ins 6. Jahr angehalten. Wolte er nun loß werden / so muste er Versicherung thun / daß vorgenantes Hauß vnd Statt Engern / ruiniert / vnd nidergerissen / vnd am Hauß nit ein Stein auff dem andern bleiben / auch nimmermehr wider erbawet werden; die Hochheit aber der Fürstlichen Herrschafft Engern / beym Bischoff zu Oßnabruck Ludovico, vnnd seinem Bruder Simone, Graffen von Ravenspurg / eine Zeitlang / vor ein Pfand bleiben solte. Ist also das Hauß / mit der Statt / welche so viel hundert Jahr den Fürst- vnd Königlichen Stamm erhalten / vnnd das Hauß eine wolerbawete / vnnd veste Burg war / geschlaifft / vnd der Erden gleich gemacht worden; vnd hat forthin der Graff seine Hoffhaltung zu Blumberg angestellet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Westphaliae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_merian_Westphaliae_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)