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Walther Kabel: Den eigenen Tod gemeldet. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 12, S. 230–232

und sprengte auf den General zu. Es war der zuletzt abgeschickte Hauptmann.

Dicht vor General v. Glümer parierte er sein Pferd und meldete kurz und ernst: „Befehl ausgeführt. Hauptmann Müller tot.“

In demselben Augenblick wankte er im Sattel und fiel vornüber auf den Hals des Pferdes. Eine Chassepotkugel hatte ihm, an der linken Schläfe eindringend, den Kopf durchbohrt.

Auch aus den Napoleonischen Kriegen wird ein ähnlicher Vorgang berichtet. Es war am 23. August 1809 vor Regensburg. Die Franzosen kämpften mit den Österreichern, die ihnen vier Tage vorher diese Stadt entrissen hatten, abermals mit höchster Erbitterung um den Besitz der alten Bischofsfeste. Napoleon, der mit seinem Stabe in der Nähe der Kartause Prüll hielt, war soeben von einer verirrten Kugel leicht am Bein verwundet worden – bekanntlich die einzige Schußverletzung, die er in all seinen Kriegen empfangen hat – und befand sich daher in schlechtester Laune. Fortwährend schickte er seine Adjutanten nach vorn, um Nachricht über den Verlauf des Kampfes einholen zu lassen. Einer dieser Offiziere, der Oberst Graf Montfort, kam mit auf der Brust völlig blutgetränkter Uniform im schärfsten Galopp zurückgesprengt.

„Regensburg ist unser, Sire!“ rief er mit brechender Stimme, während sein Gesicht jede Spur von Farbe verlor und große Schweißperlen ihm über das Gesicht rannen.

„Sind Sie verwundet?“ fragte Bonaparte nicht ohne Teilnahme.

„Nein, Sire – ich bin getötet,“ stieß der Oberst pfeifenden Atems mit letzter Kraft hervor und fiel tot vom Pferde.

Eine ähnliche Geschichte berichtet der Engländer Burke in seiner Lebensbeschreibung des mexikanischen Präsidenten Juarez, auf dessen Befehl am 19. Juni 1867 der unglückliche Kaiser Maximilian erschossen wurde. Am Tage nach der Urteilsvollstreckung an dem österreichischen Kaisersohn sollten drei mexikanische Offiziere, die zuerst in der Armee Juarez‘ Dienste getan hatten, dann aber zu Maximilian übergegangen waren, gleichfalls erschossen werden. Auf ihre Bitten wurden die drei

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Den eigenen Tod gemeldet. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 12, S. 230–232. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Den_eigenen_Tod_gemeldet.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)