Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/105

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ein Naturalien-Cabinet und eine Antiken-Sammlung. Man zeigte uns hier den Stammbaum des fürstlichen Hauses in einem mit Edelsteinen verzierten Buche, welcher den Ursprung der Familie auf den Sachsenherzog Wittekind zurückführt, auch das Buch soll von diesem abstammen. Man sieht darin den Namen Jacobs des Zweiten von England, den er mit eigener Hand, auf einer Reise von Kopenhagen kommend, hineinschrieb; ein Kleid der Königin Maria Antoinette, einen Stiefel des Churfürsten Johann Friedrich von Sachsen, den er in der Schlacht von Mühlberg verlor. Auch der Hut, Handschuhe und Stiefel Napoleons, welche dieser nebst einer goldenen Biene von seinem Krönungsmantel auf seinem Rückzuge nach der Schlacht von Leipzig dem Herzoge auf dessen Bitten schenkte, erregten großes Interesse. Der Garten ist prachtvoll und enthält eine sehr bedeutende Orangerie, wie auch ausländische Gewächse. Die Umgebungen und Promenaden von Gotha sind angenehm.

Weimar war unser nächstes Reiseziel und unser erster Ausgang galt hier den Häusern Herder’s, Schiller’s und Göthe’s. Ersteres wurde vom Oberhofprediger Dr. Röhr bewohnt, dessen Gemahlin und Tochter es sich zur besonderen Ehre zu schätzen schienen, eine Engländerin bei sich zu sehen, und während sie uns die Zimmer zeigten, erzählten sie von ihm und seinem Lebenslaufe. Schiller’s Haus ist sehr einfach. Göthe’s Haus ist weit stattlicher und mit Bildsäulen und Gemälden geschmückt; es war von seinen Nachkommen bewohnt, wie auch sein geschmackvolles Landhaus in der Nähe. – Das großherzogliche Schloß entfaltet Geschmack und Eleganz, aber von unendlichem Interesse sind die Zimmer, worin die Werke Schiller’s, Göthe’s und Wieland’s mit Fresken illustrirt sind; sie machen ihrer Urheberin, der Großherzogin-Großfürstin, viel Ehre. Prächtig ist das Lustschloß Belvedere, welches mit seinen reizenden Anlagen und Umgebungen einem Feenschlosse gleicht. Zu erwähnen ist der Speisesaal, wo die Tafel mittelst einer künstlichen Maschinerie, gedeckt und mit Speisen besetzt, aus der Tiefe emporgehoben wird. Das Schloß Tieffurt mit seinem Park ist unaussprechlich anmuthig, und die Erinnerung an die verewigte Herzogin Amalie, welche, von Göthe, Schiller, Wieland und Herder umgeben, hier lebte, verleiht ihm einen eigenthümlichen Zauber. Im Parke giebt es köstliche Parthieen, die zum Träumen einladen, und die hier und da angebrachten Aeolsharfen, in deren Saiten die Winde spielen, machen