Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/107

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der lieblichsten Frauen vor mir stand, die ich jemals gesehen, und mich in ihre Arme schloß! Sie stellte mir hierauf ihren Gatten und ihre Kinder vor, und der Empfang, der mir von Allen auch hier zu Theil ward, machte jenen Tag zu einem der glücklichsten meines Lebens. Ich konnte nicht müde werden, meine Schwester anzusehen, denn in ihrem Wesen lag so viel Grazie, Sanftmuth und Würde, wie sie nur aus einer schönen Seele hervor gehen können. Trotzdem ich aus einem durch seine Frauen berühmten Lande kam, fand ich doch in ihr eines der schönsten Wesen, die ich jemals gesehen. In ihrer Häuslichkeit herrschte die größte Ordnung, Nettigkeit und Behaglichkeit, und ihre Kinder gehörten zu den wohlgezogensten, die mir vorgekommen waren. Welche Freude war es also für mich, zu finden, daß meine Schwester eine ebenso treffliche Gattin, Mutter und Hausfrau, wie angenehme Gesellschafterin war. Wir verlebten einen unvergeßlichen Tag und trennten uns am nächsten Morgen mit der Verabredung, daß die Meinigen mich in D. zu besuchen versprachen, wo mich Miß M. mit Ungeduld erwartete, obwohl meine Schwägerin ihr viel Zeit gewidmet hatte. Es verging nun kein Tag, wo wir nicht eine Vergnügungsparthie unternahmen, wobei Bruder und Schwägerin uns fast stets begleiteten. Wir besuchten natürlich auch alle die berühmten D.’ner Sehenswürdigkeiten, welche auch der vielgereisten Britin unendlich imponirten; allein mehr als diese architectonischen, künstlerischen, pretiosen und industriösen Schätze entzückten sie die einzig schönen Umgebungen D.’s, ihre Seele schien in einem Meere von Wonne zu plätschern, wenn wir den pl.’schen Grund, Th., P., die S., die Weinberge bei L., die s.’sche Sch. und die unzähligen Wunderpunkte dieser herrlichen Landschaft besuchten. So war mein Aufenthalt in D. in jeder Beziehung ein sehr glücklicher, umsomehr, als Miß M. mir bei jeder Gelegenheit ihre Zufriedenheit bewies, mir Geschenke machte und überdies mir die in London vorausgezahlten zehn Pfund nicht anrechnete. Ein Beweis dafür, wie großmüthig diese Dame und wie zufrieden sie mit mir war.

Doch was sind alle Freuden dieser Welt anderes als Träume, welche Oede und Leere im Herzen zurücklassen, die ohne sie niemals empfunden worden wären. Wie wahr und treffend sind die Worte, welche Francesca di Rimini beim Dante sagt: Nessun maggior dolore che ricordar si dei tempi felici nelle miserie! – kein größerer