Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/83

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Hier sahen wir das Museum, welches sehr merkwürdige Naturalien und Kunstseltenheiten enthält. – Das Diorama, eine Art von beweglichem Panorama, ergötzte uns sehr durch die gelungene Darstellung berühmter Naturscenen und Phänomene. Wir sahen den Wasserfall des Niagara in furchtbar schöner Vollendung, ein Schiff in der Polargegend, umringt von allen Schrecken einer wilden und lebensfeindlichen Natur, gleich darauf standen wir in der afrikanischen Wüste vor einer Fata Morgana, und der Eindruck, welchen diese Darstellungen auf uns machten, war ein so lebhafter, daß wir die verschiedenen Temperaturen der wirklichen Naturscenen zu fühlen vermeinten. Wir verließen dieses großartige, majestätische Gebäude mit höchster Befriedigung, während schon ein herrlicher Vollmond vom blauen Himmel strahlte.

Meine erhöhte Stimmung erhielt neuen Aufschwung durch einen Brief des Fräulein M., worin dieselbe mir mittheilte, sie hätte die befriedigendsten Nachrichten über mich erhalten und bitte mich um einen Besuch, um das Weitere mit mir zu besprechen.

Ich freute mich, die Freundschaft meiner gütigen Gönnerin auf diese Weise bestätigt zu finden und den Lieblingswunsch meines Herzens befriedigen zu können. Fräulein Ch. behauptete, ich sei ein Glückskind, weil ich ohne die geringste Mühe das erlangt hätte, wonach so Viele umsonst mit allen Kräften strebten. Als ich am nächsten Morgen zu Fräulein M. kam, trat sie mir mit der gewinnendsten Freundlichkeit entgegen, indem sie mir die erwähnten Zeugnisse zeigte, welche mein Herz in der That erfreuten. Zum ersten Male fragte sie heute nach meiner Gehaltsforderung; ich nannte ihr meine zuletzt bezogene Besoldung, worauf sie entgegnete, daß sie mich nach Maßgabe eines Jahrgehalts von 140 Guineen bezahlen wolle, zugleich bat sie mich, einstweilen eine Zehnpfundnote anzunehmen, welchem Ansinnen ich mich denn auch nach langen Weigerungen fügen mußte.

Unser nächster Schritt betraf die Erlangung unserer Pässe, die mir einige Schwierigkeit bereitete, weil ich noch nie einen Paß besessen hatte und doch jetzt meine Herkunft beweisen sollte. Glücklicher Weise erinnerte ich mich jenes Advokaten, welcher aus meinem gerichtlichen Erbschafts-Documente meine Heimatsverhältnisse ersehen hatte; ich fuhr daher mit Miß M. bei ihm vor, um mir eine Bescheinigung darüber zu verschaffen. Auf dem Heimwege ward meine Aufmerksamkeit durch einen so höchst widrigen Gegenstand gefesselt, daß ich einige Augenblicke