Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/96

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Klosterspuren verwischen lassen, was mir gerade an diesem Führer der reactionären Cabinetsparthei auffällig war. Diese Herren scheinen auch das Pfaffenthum mehr aus der Perspective zu lieben; die Klöster sind ihnen so eine Art von Volksapotheken für die Krankheit der geistigen Mondsucht.

In Biberich kamen wir noch zeitig genug an, und man war hier so ungemein artig, uns ungeachtet der Anwesenheit des Hofes nicht nur den Garten, sondern sogar das Innere des Schlosses mit Ausnahme der von der herzoglichen Familie bewohnten Zimmer sehen zu lassen. Das Schloß war neu und im geschmackvollsten Styl erbaut, im Innern herrscht gefällige Eleganz, wozu die Verzierungen in einem eigenthümlich schönen Marmor, der im Herzogthume gebrochen wird, sehr viel beitragen. In der Mitte des Gebäudes befindet sich eine kreisförmige Halle, von einer Kuppel überragt, deren Hauptzierde in einer Colonade von Marmor besteht. Die Gartenanlagen sind theils in echt deutschem, theils in englischem, theils in französischem Geschmack, und diese Verschiedenheit giebt ihnen einen ungewöhnlichen Reiz. So sehr wir auch an gute Küche gewöhnt waren, so sehr übertraf doch unsere Abendmahlzeit in Biberich alle unsere Erwartungen, namentlich waren Fische und Wildpret trefflichst zubereitet; der Nachtisch hätte einen Hidalgo befriedigen können. Eine Flasche Johannisberger Blaulack erhöhete als echter Nektar die Mahlzeit zu einem Götterbankett, so daß selbst die reiche und verwöhnte Engländerin vor der deutschen Speisekunst Achtung bekam. Von nun ab sah sie unsere Verhältnisse wirklich mit ehrfurchtsvollen Augen an, denn ein Volk wie die Engländer beurtheilt ein anderes immer zuerst vom materiellen Standpunkte aus. Nun folgte eine von jenen deutschen Sommernächten, wo das Bewußtsein des Lebens schon Genuß ist. Das Licht des Vollmondes spiegelte sich in den grünlichen Fluten des edeln Stromes, Glühwürmer tauchten hier und da auf und wiegten sich üppig auf den vom Westwind bewegten Zweigen, und die Heimchen sangen ihren summenden Chorus. Kurz, alles trug bei, unseren Umgebungen einen zauberischen Charakter zu verleihen, daß wir eine Weile schweigend auf dem Balkon saßen und uns ganz unseren Empfindungen hingaben.

„Ich begreife nicht, unterbrach endlich Miß M. das Schweigen, wie man so lange hat glauben können, die Sterne hätten keinen anderen Zweck als den, unserer Erde zu dienen; denn nichts scheint mir natürlicher