Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/97

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als die Meinung, daß sie eben solche bewohnte Weltkörper wie unsere Erde sind.“

„Diese Meinung, entgegnete ich, scheint jetzt freilich sehr natürlich, aber weder wir noch Fontanelle, der unsterbliche Verfasser der Gespräche über die Mehrzahl der Welten, würden zu diesem Begriffe gelangt sein, wenn nicht zuvor Galilei das Fernrohr wesentlich verbessert hätte; und dieser hätte vielleicht nicht sein System der Bewegung der Erde um die Sonne aufgestellt, hätte nicht Copernicus hundert Jahre früher das Ptolomäische System umgestoßen. So hätte auch Columbus ohne die Kenntniß des Compaß die neue Welt nicht entdeckt, und es bedurfte also eines Zeitraums von mehr als zwei Jahrhunderten und der Vereinigung der größten Genies, um diesen Gedanken zu endlicher Geltung zu bringen.“

„Es ist gewiß etwas Schönes um die Wissenschaften, sagte Miß M., aber erstens reicht unsere Vernunft nicht aus, sie zu ergründen, und zweitens genügen sie unserm aufstrebenden Verstande nicht. Die Metaphysik hingegen ergänzt unser unvollkommenes Wissen und stillt die Sehnsucht unserer Seele nach dem Begriff alles Unergründlichen. So finde ich zum Beispiel die Meinung, die Bewohner des Mondes seien sanfte ruhige Wesen mit bleichem Angesicht, ganz im Einklange mit seinem sanften bleichen Lichte, und der Urheber derselben hat vielleicht eben so viel Verdienst wie der des Systems der Anziehungskraft.“

„Wenn der Mond wirklich bewohnt ist, gab ich zur Antwort, so kann er es nur von körperlosen Wesen sein, da er keine Atmosphäre hat und somit des zur physischen Existenz unentbehrlichsten Elementes entbehrt. Indeß können die Hypothesen der Metaphysik doch immer nur unsere Phantasie beschäftigen, wohl auch unsern Geist erheben, aber das Gebiet des Wissens zu erweitern vermögen sie nicht. Daher ziehe ich ein mathematisch erwiesenes Factum vor, und der Attractions-Calcul von Sir Isaac Newton ist mir bedeutend lieber als die erhabensten Muthmaßungen.“

„Die Metaphysik, entgegnete sie, ist nicht weniger consequent und logisch in ihren Folgerungen; so behauptet zum Beispiel die neue Secte der Irviniten, es gäbe drei verschiedene Grade der Seligkeit, was sie mit dem Bibelverse beweisen wollen: Es giebt eine Herrlichkeit der Sonne, eine andere des Mondes und der Sterne. Dem würde der Mangel des Dunstkreises wenigstens nicht im Wege stehen, da ihn die