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nicht dick genug waren, um einem Menschen Deckung zu gewähren, konnten wir bei einiger Wachsamkeit unangenehme Zwischenfälle vielleicht vermeiden – vielleicht! Ob Harst aber sehr viel daran gelegen war, einem zweiten Attentat auszuweichen, erschien mir sehr fraglich, da er meine warnenden Worte überhaupt nicht beachtet hatte. Ich paßte daher sehr scharf auf, und auch er, das merkte ich, hatte die Augen überall und rechnete zweifellos mit irgendeinem Ereignis, das jedoch kaum ein zweiter Schuß sein konnte. Mein Freund hat noch nie leichtfertig sein Leben aufs Spiel gesetzt.

Wir hatten denn auch kaum erst einige dreißig Schritte zurückgelegt, als Harst stehen blieb und sich zur Seite wandte, wo eine dicke, einzelne Eiche die Eintönigkeit des Bildes der mondhellen Schonung unterbrach. Noch während der plötzlichen Wendung nach links warf er sich zu Boden und schnellte gleichzeitig hinter einen Strauch, der auf einem Schutthaufen wucherte. Ich folgte seinem Beispiel, hätte mir dies aber schenken können, denn ich vernahm bereits eine dünne Stimme, die erregt und überhastig flüsterte:

„Keine Sorge[1], Herr Harst! Hier ist nur Horst Helmer. Sie wissen doch: Ich schrieb Ihnen einen Brief wegen meiner Radiosachen.“

Ob ich mich darauf besann!! – Gerade dieser Brief war von den sechs Schreiben von heute früh das Merkwürdigste gewesen.

Der Junge kam nun auch zum Vorschein, blieb aber im Schutze des Schattenstriches der Eiche stehen und fügte in demselben gedämpften Tone hinzu: „Ich möchte mich lieber nicht so offen zeigen, Herr Harst … In unserem Hause wohnen Leute, denen man nicht trauen darf. Wenn Sie noch ein Stück weitergehen, werden Sie an eine Jungschonung gelangen, die sehr dicht ist. Dort erwarte ich Sie.“

  1. Vorlage: Soroe
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der Bluffer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Bluffer.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)