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sehr tief. – Aber da waren eben die anderen fünf Briefe, und es erschien ganz ausgeschlossen, daß die gesamten Bewohner des Hauses der Friedvollen sich zu einem Komplott gegen uns zusammengetan hätten, zumal einige der Briefe Mitteilungen sehr ernster Art enthielten.

Meines Freundes Benehmen blieb mir unbegreiflich. Er sagte überhaupt nichts mehr, er saß in seiner Sofaecke wie ein gänzlich Unbeteiligter und überließ es mir, das Gespräch fortzuspinnen. – Nur um überhaupt etwas zu sagen, wandte ich mich an Tussy und fragte: „Kennen Sie Ihre Mitbewohner genauer? Und wen?“

„Niemanden! Wir haben es uns zum Grundsatz gemacht, innerhalb des Hauses keinerlei Bekanntschaften zu schließen, und sind damit bisher sehr gut gefahren “

„Ein sehr löblicher Grundsatz“, nickte ich ehrlich. „Etwas anderes noch, Fräulein Grütt – hörten Sie unten, als Sie im Vorgarten waren und sahen, daß meinem Freunde der Hut vom Kopfe flog, ein Geräusch, das einem Schusse glich?“

„Nichts! – Ich glaubte, ein Zufall hätte den Hut …“

Jetzt wurde Anni Wiek mit einem Male lebhaft. „Wie, ein Schuß?! Davon weiß ich bisher ja gar nichts. Wie war das, Tussy?“

Harst erteilte die Antwort. Ich war hierüber sehr überrascht. „Es hat sich um keinen Schuß gehandelt, meine erste Annahme war falsch. Überzeugen Sie sich selbst: der Hut ist völlig unbeschädigt.“

Auch ich sah mir den weichen Filzhut nun genauer an. Was Harald soeben behauptet hatte, stimmte nicht ganz. Oder besser: Es stimmte gar nicht! Die beiden jungen Mädchen konnte er wohl täuschen, nicht aber mich. Er hatte einfach das Hutband etwas emporgeschoben

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der Bluffer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Bluffer.pdf/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)