Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 055.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so schwer gewesen seyn würde als den Agathokles: wenn er sich nicht vom Cäsar Borgia hätte belisten lassen, als dieser zu Sinigallien, wie oben gedacht, die Orsini und die Vitelli fing; wo selbst auch er, ein Jahr darauf, nachdem er den Vatermord begangen, nebst Vitellozzo, seinem Meister in Tugenden und Frevelthaten, gefangen und erdrosselt wurde. Es könnte Einer Zweifel hegen, wie es doch möglich gewesen sey, daß Agathokles und seines Gleichen, nach unzähligen Verrätereien und Grausamkeiten, lange sicher in ihrem Vaterland leben, sich gegen äußere Feinde vertheidigen können, und selbst die Bürger wider sie niemals Verschwörungen angestiftet; da viele Andre mit Grausamkeit nicht einmal in friedlichen Zeiten die Herrschaft behaupten konnten, geschweige denn während bedenklicher Kriegesläufe. Ich glaube, hievon liegt die Ursach im guten, oder schlechten Gebrauch der Grausamkeiten. Gut gebrauchte – wenn anders vergönnt ist, gut vom Bösen zu sagen – können wir solche nennen, die man auf Einen Zug begeht, in der Nothwendigkeit sich sicher zu stellen, und dann nicht weiter dabei beharrt, sondern so viel als man nur kann, sie zum Nutzen der Unterthanen verwendet. Die schlechtgebrauchten sind solche, die, obschon vom Anfang eben nicht zahlreich, im Laufe der Zeit vielmehr sich häufen, statt daß sie ein Ende nehmen sollten. Die, welche die erste Art befolgen, können mit Gott und Menschen wohl für ihre Herrschaft noch Wege finden, so wie Agathokles sie fand. Die Andern behaupten sich unmöglich. Deßhalb ist wohl zu merken: daß bei der Ergreifung eines Staates der Occupant desselben alle Unbilden, die er zu verüben genöthigt ist, auf Einen Zug durchführen und verüben muß, um sie nicht täglich erneuern zu dürfen, und um, indem er die Wiederholung

Empfohlene Zitierweise:
Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)