Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 117.jpg

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und er, nachgiebig, steht davon ab. Daher kommt es, daß er, was er den einen Tag gethan, am folgenden wieder aufhebt, und daß man nie weiß was er will oder zu thun bezweckt, und man auf seine Beschlüsse nicht bauen kann. Ein Fürst daher muß sich immer berathen, aber wenn Er will, nicht wenn die Andern wollen; ja er muß Jedem den Muth benehmen, ihm über etwas zu rathen, wenn er ihn nicht darnach fragt. Er aber muß freilich ein fleißiger Frager seyn, und sodann über die gefragten Dinge ein geduldiger Hörer des Wahren; ja, wenn er merkt daß man aus irgend einer Rücksicht es ihm nicht sagen will, sich entrüsten. Und wenn Einige glauben, ein Fürst, der sich den Namen des Klugen erworben, verdanke diese Meinung nicht seinem Charakter, sondern den ihn umgebenden guten Räthen, so täuschen sie sich ohne Zweifel, denn dieses ist ein durchgängiger Grundsatz, der niemals trügt, daß ein Fürst, der nicht von selber klug ist, nicht wohl berathen werden kann: er müßte sich denn auf’s Ungefähr einem einzigen Manne überlassen, der ihn in allem leitete, und der Klügste wär. In diesem Falle könnte er zwar gut geleitet werden, es würde aber nicht lange dauern, weil dieser Leitsmann ihm in Kurzem den Staat nehmen würde. Beriethe sich aber ein unweiser Fürst mit mehr als Einem, so wird er nie einige Räthe haben, und durch sich selbst sie nicht einigen können. Von den Räthen wird jeder auf sich selbst bedacht seyn, und Er wird sie weder zu bändigen noch zu beurtheilen wissen. Auch kann man sie eben nicht anders erwarten, weil immer die Menschen sich schlecht nehmen werden, wenn nicht eine Nöthigung sie gut macht. Wir schließen hieraus, daß der gute Rath, wo immer er herkommt, aus der Klugheit des Fürsten

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)