Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 126.jpg

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den Weg gezeigt, das Mitleid die Wasser ergossen; hier ist das Manna herabgeregnet: Alles hat zu Eurer Größe mitgeholfen. Das Übrige müßt Ihr thun; Gott will nicht Alles thun, um den freien Willen uns nicht zu rauben, und den Theil des Ruhmes, welcher uns gebührt. Auch ist kein Wunder, wenn so mancher Landsmann, dessen wir früher gedacht, nicht leisten können was man von Euerm erlauchten Hause hoffen darf, und wenn, in so viel Umwälzungen Italien’s, bei so vielen Kriegsbetrieben, immer scheint, daß hier die alte Soldaten-Tugend erloschen sey; weil dieß daher rührt, daß unsre alten Ordnungen nicht gut gewesen, und niemand war, der neue zu finden verstanden hätte. Nichts macht einem Manne, der neu antritt, so große Ehre, als neue Gesetze und neue Ordnungen, die er erfindet. Diese Dinge, wenn sie in sich begründet sind und Größe haben, machen ihn angesehen und bewundert; und in Italien fehlt es nicht an Stoff zu Einführung jeder Form. Hier ist die Tugend der Glieder groß, sobald sie nur nicht den Häuptern entsteht. Spiegelt Euch in den Duellen und Kämpfen der Wenigen, wie die Welschen da an Kraft, Geschicklichkeit und Geist überlegen sind: sobald sie aber in Schlachtordnung zusammentreten, verschwinden sie; und alles kommt von der Schwäche der Häupter, weil die Klugen nicht folgen wollen, und Jeder sich klug zu seyn bedünkt, da Keiner bisher gewesen ist, der sich so hoch durch Tugend und Glück erhoben hätte, daß ihm die Andern gewichen wären. Daher kommt es, daß in so langer Zeit, in so vielen, diese zwanzig Jahre geführten Kriegen, wenn ein Heer aus lauter Italiänern bestand, es immer schlecht gefahren ist. Hievon ist Zeugniß schon der Taro, dann Alexandrien, Capua, Genua, Vailà, Bologna, Mestri.

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_126.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)