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Heinrich Heine: Drei und dreißig Gedichte von Heinrich Heine. In: Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz 1824, S. 242–258

 XVI.
Wenn ich an deinem Hause
Des Morgens vorüber geh’,
So freut’s mich, du liebe Kleine,
Wenn ich dich am Fenster seh’.

5
Mit deinen schwarzbraunen Augen

Siehst du mich forschend an:
Wer bist du, und was fehlt dir,
Du fremder, blasser Mann?

Ich bin ein deutscher Dichter,

10
Bekannt im deutschen Land;

Nennt man die besten Namen,
So wird auch der mein’ge genannt.

Und was mir fehlt, du Kleine,
Fehlt Manchem im deutschen Land;

15
Nennt man die schlimmsten Schmerzen,

So wird auch der mein’ge genannt.


 XVII.
Da droben auf jenem Berge,
Da steht ein feines Schloß,
Da wohnen drei schöne Fräulein,
Von denen ich Liebe genoß.

5
Sonnabend küßte mich Jette,

Und Sonntag die Julia,
Und Montag die Kunigunde,
Die hat mich zerküßt beinah.

Doch Dienstag war eine Fete

10
Bei meinen drei Fräulein im Schloß;

Die Nachbarschafts-Herren und Damen,
Die kamen zu Wagen und Roß.

Ich aber war nicht geladen,
Und das habt Ihr dumm gemacht!

15
Die zischelnden Muhmen und Basen,

Die merkten’s und haben gelacht.


 XVIII.
Wenn ich auf dem Lager liege,
In Nacht und Kissen gehüllt,
So schwebt mir vor ein süßes,
Anmuthig liebes Bild.

5
Wenn mir der stille Schlummer

Geschlossen die Augen kaum,
So schleicht das Bild sich leise
Hinein in meinen Traum.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Drei und dreißig Gedichte von Heinrich Heine. In: Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz 1824, S. 242–258. Maurer, Berlin 1824, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gesellschafter_1824_page_250.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)