ganze vier Worte gesprochen, – – für ihn eine Leistung!“
So klein der Knirps auch war, – eine Stimme hatte er, die „direkt aus dem Magen kommen muß, so tief ist sie“, wie der Ingenieur Fritz Tümmler stets behauptete, der nun ebenfalls den Mund auftat und meinte:
„Ich bin ebenfalls auf Paul Lorings Erzählung über aus gespannt – wie ein Flitzbogen!“
„Bei Dir kein Wunder“, ulkte der Knirps. „Du bist so lang und hager, daß man aus Dir in getrocknetem Zustand wirklich leicht einen Bogen machen kann.“
Dieses Wortgeplänkel entlockte dem einzigen Farbigen des Kreises, einem Mischling von Somali-Neger und Araber, ein kaum merkliches Lächeln.
Auch Paul Loring, ein schlanker, helläugiger, ganz in Felle gekleideter Bursche von etwa sechzehn Jahren, legte sich jetzt auf seiner Matte bequemer zurecht und hob dann wie Schweigen gebietend einen Augenblick die Hand, lauschte eine Weile angestrengt und sagte dann:
„Die Schakale und die Hyänen unten in der Schlucht streiten sich um die Reste unseres Wildbrets. Ihr Heulen und Kläffen ist besser als das drohende nächtliche Schweigen der weiten Wüste. Wir müssen auch hier vorsichtig sein. Es wäre nicht das erstemal, daß Männer vom Stamme der Mula Resch sich hierher verirren. Und die Mula Resch zahlen niemandem Tribut, weder dem Padischah in Konstantinopel noch dem Sultan von Oman.“
Der rote Knirps hatte sich plötzlich aufgerichtet und lauschte nun gleichfalls in die Nacht hinaus, deren Töne durch den schmalen Eingang zu dem Felsenversteck nur gedämpft vernehmbar waren. In seinem feisten Gesicht spiegelte sich gleichzeitig eine gewisse Unruhe wider. Dem dürren Ingenieur entging dies nicht, und er sagte daher mit gutmütigem Spott:
„Lieber Bolz, Du witterst wohl schon wieder neue Schrecken! – Keine Sorge: Der Löwe ist ja nun glücklich … „erlegt“, und die Mula Resch werden wohl nicht gerade heute der Schlucht einen Besuch abstatten.“ Bei dem Worte „Löwe“ hatte er mit der Hand nach einer Ecke hingedeutet, wo das Fell eines prächtigen männlichen
W. Belka: Der Gespensterlöwe. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gespensterl%C3%B6we.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)