Seite:Der Held von Berlin.pdf/115

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Theater fanatisiert hatte, tot war. Plötzlich, unbegreiflich tot. Sie grollte ihm nicht mehr. Für ihr Gefühl versöhnte der Tod eines Menschen mit all seinem Tun. Das jähe Ende dieses Kollegen, den sie noch vor Viertelstunden auf der Höhe seiner Kraft gesehen hatte, umschattete ihr Denkvermögen. Und dieser Mann da, ihr Peter, den sie liebte, der ihr bis vor wenigen Minuten das Symbol von Anstand und Takt und Redlichkeit gewesen war, konnte in diesem furchtbaren, spukhaften Augenblick robust und unerschüttert die Rolle des Toten an sich reissen? Eine Angst vor diesem Mann, der ihr plötzlich ganz fremd geworden war, packte sie. Sie sass in einer schwingenden Benommenheit, hörte Heises Stimme nur aus weiter vernebelter Ferne, war betäubt von einer Narkose des Grauens und Nichtverstehens. Der Gedanke, dass Heise den grossen Tenor getötet haben könnte, kam ihr nicht.

„Wie war es?“ fragte er.

Sie schwieg, schwindlig vor Angst und Schmerz.

Da sprang er auf. „Elend war es, miserabel,“ wütete er, „kannst es ruhig sagen. Du musst mir die Wahrheit sagen. Glaubst du, ich merk es nicht selbst? Jo, du musst dich zusammenraffen. Begreifst du denn nicht, worum es geht? Morgen sprechen wir über alles, jetzt ist alles andere unwichtig. Nur schuften, arbeiten, proben, bis alles sitzt, und morgen Abend, wenn ich gesungen und Erfolg gehabt habe – es wird ein Erfolg – hier drinnen fühl ich

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)