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Bewegung mit der Hand.

„Angeklagter –“

Doch Heise liess sich nicht mehr aufhalten.

„Jetzt blieb mir nur die eine grosse Gelegenheit, hier vor Ihnen zu stehen.“

Da unterbrach der Präsident energisch:

„Angeklagter, wollen Sie nicht bitte zur Sache kommen?“

„Ich bin bei der Sache!“ rief Heise emphatisch. Seine Wangen begannen zu glühen. Fieber sprang aus seinen Augen. Jetzt sauste er unaufhaltsam dahin, dem Ziele seines Daseins zu.

„Ich wusste, es würde ein Sensationsprozess werden. „Der Mordprozess des grossen Tenors.“ Sowas packt immer das Publikum. Ich wusste, ich würde hier eine Zuhörerschaft haben, wie ich sie mir immer in meiner kühnsten Sehnsucht[1] erträumt habe. Ich wusste, es wird die ungeheure Chance, die mich emporträgt.“

Seine Worte hasteten unhemmbar dahin. Vergeblich sind die noch zögernden Gesten des Vorsitzenden, die entrüsteten des Staatsanwalts. Heise prescht weiter, er weiss, keiner darf ihn jetzt aufhalten, von keinem darf er sich aufhalten lassen. Es ist die Gelegenheit seines Lebens. Mögen sie tun, was sie wollen, er wird sprechen.

Das Publikum hört ihn mit aufglühendem Staunen und wartender Erregung.

„Meine Damen und Herren! Der arme Mensch, der erschlagen worden ist, tut mir herzlich leid. Glauben Sie mir das! Aber er ist doch tot. Ich aber lebe.[2] Ob ich seine Rolle bekomme oder irgend ein anderer kann ihm doch heute ganz gleichgültig sein. Also, warum soll ich sie dann nicht erhalten? So ist nun mal das Leben: wat dem inen sin Uhl,


  1. Vorlage: Senhsucht
  2. Vorlage: lebe'
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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/160&oldid=- (Version vom 23.8.2020)