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ist dem andern sin Nachtigall. Jetzt bin ich die Nachtigall.“

Den letzten Satz schmetterte er zwischen die verwirrten, betroffenen, aufgestörten Menschen. Man verstand ihn nicht recht. Was wollte er sagen? Wovon sprach er eigentlich? Der Anwalt – trotz Heises Widerspruch stand er von Amtswegen als Offialverteidiger dem Angeklagten bei – blickte unschlüssig drein. Sollte er unterbrechen?

Der Staatsanwalt zuckte ungeduldig die Schultern. Was sollte das? Was sollte dieses törichte Gefasel? War das ein ordentliches Gerichtsverfahren? Der Präsident machte wieder seine überlegene Beschwichtigungsgeste. Warum den Mann nicht einmal erst tüchtig auspacken lassen? Das war oft das Beste. Dabei ergaben sich häufig ein Geständnis oder doch wichtige Enthüllungen. „Lassen wir ihn reden,“ bedeutete er nachsichtig.

Die Schöffen lauschten gewichtig und gespannt. Manche benutzten die Handfläche als Protese der Ohrmuschel, besser zu hören.

„Meine Damen und Herren –“

Na meinetwegen, dachte der Präsident.

„Seit Jahren – seit ich aus meinem heimatlichen Fischerdorf zur Bühne entlaufen bin, warte ich auf die grosse Gelegenheit. Ich glaubte, sie wäre mir am Abend des Mordes gekommen. Aber nein, alles war umsonst, alles war vergeblich. Ich war zerschmettert und vernichtet, bis ich begriff, dass ich nun bald vor Ihnen stehen würde. Da lebte ich wieder auf. Ich habe alle diese Tage im Gefängnis nur für diese Verhandlung gelebt. Jetzt ist der Augenblick gekommen. Hierher,“ – er schlug heftig

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/161&oldid=- (Version vom 31.7.2018)