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Mäzene und Verehrer ihrer Kunst. Keiner hatte Eindruck auf sie gemacht. Mit ihrer liebenswürdigen Sicherheit hatte sie jede Bewerbung um ihre Liebe oder ihre Hand abgewiesen. An diesem unbedeutenden, abgerissenen Choristen Peter Heise erfüllte sich, ihr noch unbewusst, ihr Geschick. An seiner in sich gekehrten, knorrigen Männlichkeit erwachte ihr Frauengemüt.

Nie zuvor hatten sie miteinander gesprochen. Er war zu erfüllt von sich und seinem Ehrgeiz, um sie zu bemerken. Zu besessen von seinem Drange hinauf, um seine Augen auf eine Frau zu richten. Zu beschäftigt, sich fortzubilden und zu vervollkommnen, musikalisch und wissenschaftlich, um Zeit für Abenteuer zu erübrigen.

Heute wartete sie auf ihn. Als er herauskam, sprach sie ihn an:

„Ich hätte gern einmal mit Ihnen gesprochen, Herr – – wie heissen Sie eigentlich[1]?“

Er blickte sie überrascht an.

„Heise,“ sagte er zurückhaltend und blieb stehen.

Aus dem Bühnenausgang schwärmte das Personal hervor. Neugierig erstaunte Blicke umtasteten die bekannte Sängerin und den komischen Choristen.

„Wir wollen gehen,“ schlug sie vor.

Sie gingen an der Spree entlang auf das Reichstagsgebäude zu. Ein ungleiches Paar. Sie war gross, aber sie reichte ihm nur bis an die Schultern. Sie war elegant, er armselig und dürftig. Sie war modern und schick, trug einen Tigerpelz mit einem weichen braunen Waschbärkragen


  1. Vorlage: eingentlich
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/18&oldid=- (Version vom 23.8.2020)