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ich nicht. Wenn man sehr jung ist, hat man einen sehr alten Stolz. Na, da hab ich gehungert und geschuftet. Ich hatte doch so viel nachzulernen. Die Gemeindeschule in Wittun hat einen nicht mit einer erstklassigen Bildung ins Leben entlassen. Na ja, mehr ist nicht.“

„Ich verstehe.“ Ihre Stimme war sehr weich und fast zärtlich. „Und dann?“

„Dann? – Dann war ich fertig, wie man so sagt. Da ging’s erst los mit dem Elend.“

Sie fühlte, dass es ihm wohltat, sich einmal auszusprechen. Einmal alles das aus sich herauszukehren, was er in langen, einsamen Jahren in sich aufgestaut und aufgestapelt hatte.

„Ich lief zu den Agenten, zu den Direktoren, hab mich ausgeboten wie saures Bier, aber keiner konnte mich brauchen. Es war diese böse Zeit des Niedergangs. Überall verkrachten die Theater und schlossen. Die Subventionen versiegten.“

Sie nickte.

„Sie kennen das nicht,“ fuhr er fort. „Sie sind wahrscheinlich nie bei den Agenten herumgelaufen.“

„Nein,“ sagte sie und schämte sich.

„Da ist Ihnen allerhand erspart geblieben. Da haben Sie nicht immer denselben Refrain gehört: „Namen, Herr, Namen brauchen wir, – Prominente. Und auch die können wir heutzutage nur mit Mühe unterbringen. Anfänger, Namenlose, ausgeschlossen.“ Das klingt garnicht so schrecklich, wenn man es dahinsagt. Aber was es bedeutet –

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/29&oldid=- (Version vom 23.8.2020)