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„Macht doch nichts. Ist ja kein Mensch da,“ lachte sie, ihre Ergriffenheit zu verschleiern. Oh, sie verstand ihn, ganz, ganz. Auch sie war glühend ehrgeizig. Auch sie lechzte nach Wirkung. Aber ihr Verlangen war befriedigt. Sie bezauberte seit Jahren Tausende, konnte sich hingeben mit ihren Fähigkeiten und ihrem Können. Sie verstand diese ungestillte Gier nach der grossen Aufgabe und der grossen Vollendung. Konnte es ermessen an ihrem Glück und ihrem Erfolg.

„Auch Ihre Zeit wird kommen,“ tröstete sie und empfand im selben Augenblick das Banale und Seichte ihres Trostes. Und um ihren Worten einen sachlichen Untergrund zu geben, fragte sie: „Wie alt sind Sie?“

„Sechsundzwanzig.“

„Na also,“ rief sie emphatisch, „Bara ist mindestens fünfzehn Jahre älter. Bis dahin!“

„Ich bin durchaus nicht verzweifelt,“ gestand er ruhig. „Ich komm hinauf, darauf können Sie sich verlassen.“

„Ich weiss es,“ erwiderte sie fest. Aber sie wusste, dass sie log. Wie sollte heutzutage einer hinaufkommen! Die unwandelbare Parole lautete: Namen, Namen, Namen! Wie sollte sich einer einen Namen schmieden, wenn er nie ins Feuer kam – oder Beziehungen hatte? Ein armer, dürftig gekleideter Mensch aus dem Chor! Was nützte dem alles Können!

Sie kamen an die Bendlerstrasse. Jo blieb stehen. Eine Mutlosigkeit hatte sie gepackt und ein vager Schmerz. Und aus dieser Trauer heraus und aus einem verschwommenen Gefühl zärtlichen Mitleids und

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)