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„Nein, nein, bleib so, bleib dort beim Flügel.“

Sie war bei ihm, fiel wieder vor ihm nieder und stammelte aufgelöst:

„Du mein Erfüller – du mein – –“ Sie presste das Gesicht gegen seine Knie und küsste sie demütig.

In diesem Augenblick gehörte sie ihm. Er hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, sie wäre ihm erlegen. Aber noch war er aufgebläht vor Eitelkeit. „Hat dir also gefallen?“ fragte er selbstgefällig. Sie hob den Kopf. Ihre Wangen waren feucht.

„Wie kannst du von etwas Überirdischem so –“, sie wollte „banal“ sagen, verbesserte sich aber noch, ehe das kränkende Wort ihre Lippen verliess, „so entwürdigend sprechen! Gefallen! Es hat mich aus meinem Alltagsleben herausgehoben, von der Erde fortgetragen. Ob du es auch schon einmal erlebt hast? Es geschieht einem sehr selten.“

„Was denn?“

„Zwei Mal – nachts – ist es mir begegnet. Man schweift hinaus, von der Erde fort, fühlt, erlebt das All – es ist so schwer, es in Worten zu sagen. Etwas ganz Mystisches, Heiliges, über unser kleines Menschentum Hinausragendes.“

Er fühlte sich, wie oft vor klugen Frauen, gedemütigt. Er liebte dieses niederbeugende Gefühl nicht. Frauen waren zum Vergnügen da, nicht um Empfindungen der Minderwertigkeit auszulösen. Darum sagte er verdrossen:

„Ich verstehe nicht, was du meinst. Ich habe dir auch nicht vorgesungen, damit du mir Rätsel aufgibst. Ich hatte damit eine ganz bestimmte

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)