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Sie war nicht parfümiert – nein – aber doch ein Hauch von ihrer Fraulichkeit hing darin. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er zum ersten Mal in einem Frauenboudoir, in der Lebensstätte eines jungen weiblichen Menschen war. Unbehaglich behaglich wurde ihm. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Da überfiel ihn der Gedanke, dass er ihr hätte Blumen mitbringen müssen. Ja, das wusste er, er lebte ja nicht ausserhalb der Welt, dass ein junger Mann einer jungen Dame, die er zum ersten Mal besucht, Blumen mitbringt. Ein bitteres Lächeln glitt um den Mund mit den scharfen schmalen Lippen. Er Blumen kaufen! Er, der heute noch nicht einmal gegessen hatte.

Da trat sie durch die angelehnte Tür, die zu ihrem Schlafzimmer führte.

„Tag!“ rief sie fröhlich, „das ist fein, dass Sie so pünktlich kommen.“

Sie erfüllte das Zimmer, schien ihm, mit dem Leuchten, das in ihr brannte wie in einer ewigen Lampe. Sie dünkte ihn grösser als sonst. Er hatte sie bisher nur in sportlich kurzrockigen Strassenkleidern auf der Probe gesehen. Jetzt, in dem weissen, an ihrer Gestalt herabfliessenden Teekleid aus Crèpe Georgette, erschien sie schlanker und gestreckter und noch schöner, phantasierte er. Doch das war ein getrübtes Urteil. Eine Schönheit war Jo Ternitz nicht. Nur sehr belebt und sehr vif war sie und hatte prachtvolle echte Farben geschonter und gepflegter Jugend.

„So, nun setzen Sie sich und machen Sie es sich gemütlich,“

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/65&oldid=- (Version vom 31.7.2018)