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ihm vorhatte: der Alte selbst suchte ihn an sich zu fesseln, wahrscheinlich, um ihn in Geheimnisse einzuweihen, welche seinen anderen Unterthanen heilige Rätsel sein sollten, über deren Lösung nachzugrübeln schon als ein Staatsverbrechen galt.

Als der vertrauteste Diener erkannte Richard, wenn er je daran gezweifelt hätte, daß auch der Gottmensch ein gewöhnlicher, sterblicher Mensch, mit menschlichen Schwächen behaftet und selbst von der Gicht des Alters geplagt war, obgleich er ebenso zu der gewissen Ueberzeugung kam, daß der Greis thatsächlich ein Alter von vielen hundert Jahren hinter sich haben mußte, wie es hier ja auch noch andere gab, die die Grenzen des Menschenlebens weit überschritten hatten. Die Wirkung des Lebenselixirs, das der holländische Gelehrte zu brauen verstand, war eine Thatsache. Aber der Trank verjüngte nicht, er konservierte nur den Menschen; der Jüngling blieb ein Jüngling, und der Zauberer, der das Rezept erst im späten Lebensalter erfunden hatte, blieb ein altersschwacher Greis. Wie schon gesagt, der Gebieter lebte und herrschte in Unnahbarkeit, wie etwa der Kaiser von China, oder vielmehr wie ein Gott, und ein solcher wollte er ja auch sein. Der höchste Beamte im Reiche, seine eigenen Kinder mußten auf den Knieen rutschen, das Gesicht auf die Erde gedrückt, wenn sie sich auf Befehl ihm näherten; zeigte er sich aber in seiner ganzen Würde auf der Straße, mußte sich alles Volk vor ihm niederwerfen und den Saum seines Kleides küssen, und die Freiem waren hiervon nicht ausgeschlossen; er mußte überhaupt fast wie ein Gott verehrt werden; die ihm zu erweisenden Ehren waren genau geregelt; er entschied über Tod und Leben und duldete keinen anderen Gebieter neben sich.

Alles an dem Manne war maßlose Herrschsucht, Stolz und Eitelkeit, und dieses Uebermaß mußte auf den, der ihn in nächster Nähe beobachtete, lächerlich wirken.

Weiter bemerkte Richard im Laufe der Zeit, welche Gesinnung im Volke herrschte. Man liebte den Gewaltigen nicht, sondern man fürchtete ihn nur, ja, man haßte ihn sogar

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Robert Kraft: Der König der Zauberer. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_K%C3%B6nig_der_Zauberer.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)