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glühend als den Sklaventreiber, aber man wagte nicht, sich gegen ihn aufzulehnen, weil man fast täglich Proben von seiner Uebermacht empfing. Ein furchtbarer Druck lagerte auf dem ganzen Volke, auf den Sklaven wie auf den sogenannten Freien. Von Zufriedenheit war nirgends eine Spur zu finden, alles blickte mit gehässiger Scheu zu dem Alten auf. Das wußte dieser natürlich, und er wurde daher beständig von geheimer Sorge gemartert. Er fürchtete eine allgemeine Rebellion, schien seiner Macht selbst nicht zu trauen, wagte nicht einmal, Spione zu halten, denn das hätte ja den Ruf seiner Weisheit sofort ruiniert, und beobachtete sein Reich nur von versteckten Punkten aus, indem er bei Nacht lauschend und spähend umherschlich, um dann später mit seiner Allwissenheit zu prahlen und jedes Wort des Zweifels an seiner Person mit furchtbarer Grausamkeit zu bestrafen.

Warum nur machte er mit Richard solch eine merkwürdige Ausnahme? Ihm gegenüber zeigte er sich als schwacher Mensch; nie verlangte er von Richard, daß dieser ihn als ein höheres Wesen betrachte, er brauchte auch nicht an der öffentlichen Verehrung des Greises teilzunehmen. Dagegen erhielt Richard täglich Unterricht von einem Minister in Staatswesen, und dann, als die geheimen Artikel daran kamen, übernahm der Gebieter den Unterricht sogar selbst.

„Als dich Scipio hier einführte,“ sagte er eines Tages, „sprachst Du zu ihm von einem Röntgen, welcher die X-Strahlen erfunden habe. Erkläre mir, was Du von diesen Strahlen weißt. Ich will Deine Kenntnisse prüfen, ob Du fähig bist, den Posten zu bekleiden, zu dem ich Dich bestimmt habe.“

Also auch noch dem Vertrauten gegenüber prahlte er mit seiner Allwissenheit, obwohl er ihn nur prüfen wollte!

Richard aber war sich seiner Sache sicher, jetzt prüfte er seinen Lehrer. Nach seiner Erklärung hatte Professor Röntgen Strahlen entdeckt, die die Eigenschaft besaßen, den menschlichen Augen das Unsichtbare in der Atmosphäre sichtbar zu machen, sodaß sie sahen, daß unsere Umgebung in der

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Robert Kraft: Der König der Zauberer. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_K%C3%B6nig_der_Zauberer.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)