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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

seien? Wir sagen, dass sie gegenwärtig seien und durch das Auge des Glaubens gesehen werden; welches Einige für eine so geringe Gegenwart halten, als wenn einer an einen abwesenden Freund gedächte. Aber die Unsern legen solcher Gegenwart viel mehr bei, als die durch das allergewisseste Wort und die mächtige Mitwirkung des heil. Geistes geschieht. Dass sie aber die Worte „wesentlich und leiblich“ gar nicht leiden, kommt nur daher, weil der Pöbel sich dadurch eine Gegenwart einbildet und verstehet, die durch Bewegung und räumlich geschieht, in welchem Verstande Lutherus selbst die Worte nicht nimmt. Lutherus selbst gestehet auch, dass die Unsrigen lehren, Christus sei gen Himmel gefahren und habe die Welt verlassen, und dass sie daraus schliessen, dass Christus nicht im Brod sein könne, und dass sie folglich nur von so einer Art der Gegenwart reden, die nöthig sei oder erfordert werde. Wenn ich nun die anderen Redarten, damit Lutherus diese Gegenwart beschreibet, mit einander zusammenhalte, nämlich dass er die Bewegung und Räumlichkeit eben so nimmt: ingleichen, dass er von der Redart, im Brod ist der Leib Christi, nicht streiten, sondern damit zufrieden sein will, dass der Leib Christi zugegen sei und nicht bloss Brod und Wein gereicht werde: ingleichen, dass er gestehet, dass Christus dennoch durch das Wort im Sakrament zugegen sei, ob er gleich irgend an einem gewissen Ort des Himmels wäre ... ingleichen, dass er und alle seine Mitgenossen sagen, selbige Gegenwart geschähe durch das Wort: ingleichen, dass Brentius geschrieben, der Mund des Leibes esse das Brod, der Mund des Glaubens aber den Leib Christi: und ferner, dass die Unsern alles, was Philippus zu Marburg als einen Weg zur Eintracht vorgeschlagen, für wahr halten: und dass Paulus die Redarten nicht scheuet: Christus wohnt in uns, daher auch die Unsern wohl die Redart nicht scheuen dürfen: dass Christus wahrhaftig beim Sakrament zugegen sei, weil er da wirke; und Christus kein Bedenken habe zu sagen: wir wollen kommen und Wohnung bei ihm machen ... Wenn ich, sage ich, solche Redarten genauer ansehe und erwäge: so kann ich nicht anders urtheilen, als dass Lutherus selbst und alle seine Anhänger bekennen, dass Niemand den Leib Christi anders geben

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.10.2017)