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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

lassen. Ich bekenne, dass meine Hoffnung darauf nicht gross ist. Und doch ist dieselbe nur auf ein niedriges Ziel gerichtet. Sie geht nur dahin, davon zu überzeugen, dass die lutherischen Theologen, nachdem sie einmal die Unterschiede in der Abendmahlslehre Luthers, Zwinglis und Calvins so fassten, wie sie thaten, Recht und Pflicht hatten, für die Lehre Luthers einzutreten. Man sollte meinen, das müsste auch der anerkennen, der die Unterschiede anders fasst. Er könnte immerhin der Meinung verbleiben, dass die Lutheraner im Irrthum gewesen und im Irrthum seien, wenn sie die Unterschiede so hoch anschlügen, aber ist er denn so gewiss, dass der Irrthum nicht auf seiner Seite liegt, und wär es nicht richtiger und billiger, dass man beiderseits das Abkommen träfe, an dem Anderen die Ueberzeugung, die er nun einmal hat, zu ehren und es billig und recht zu finden, dass man ihr gemäss urtheilt und handelt?

 Blicke ich auf die Geschichte der Zeit, welche ich dargestellt habe, so kann ich mich auch dieser Hoffnung nicht hingeben: denn in ihr sind alle Wirren eben daraus entstanden, dass man die Abweichung von der Lehre Luthers nicht zugestehen und der Lehre Luthers ihr Recht nicht lassen wollte.

 Blicke ich aber auf unsere Zeit, so bin ich auch nicht zu grösserer Hoffnung berechtigt: denn was liegt der unionistischen Tendenz, die in weiten Kreisen vorhanden ist, anders zu Grunde als die gleiche Nichtachtung der Ueberzeugung, der man in den lutherischen Kreisen zugethan ist?

 So bin ich freilich nur zu geringer Hoffnung berechtigt. Das hält mich nicht ab, meine Arbeit zu veröffentlichen.

 An Geringem müssen wir Lutheraner uns ja überhaupt genügen lassen, das ist das natürliche Loos derer, die wider den Strom der Zeit schwimmen, ganz aber wird es doch auch unter denen, die auf anderem dogmatischem Standpunkt stehen, nicht an Solchen fehlen, welche das gute Recht auch einer Sache, die nicht die ihrige ist, anzuerkennen willig sind. Wie es sich damit aber auch verhalte, mich dünkt, wie befremdlich das auch lauten

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite VII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/7&oldid=- (Version vom 1.10.2017)