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kräftige Offensive ergreift; und: daß, um sich die Geistesfreiheit und Zuversicht zum energischen Handeln zu erhalten, man nicht an alle Möglichkeiten, welche zu unserm Nachtheile eintreten können, denken, sondern sich überzeugt halten muß, daß der Gegner fast niemals alles Das wirklich thut, was er thun kann.

In letzter Beziehung kommt es freilich auf den Gegner an, den man gegen sich über hat und ließe sich die Scala der hierbei anzustellenden Wahrscheinlichkeits-Rechnung vielleicht folgendermaßen ausdrücken:

1) Hat man einen Heerführer erster Größe, einen Napoleon etc., gegen sich, so sei man darauf gefaßt, daß derselbe mehr unternehme, als man voraussieht, d. h. irgend etwas ganz außerhalb jeder Berechnung Liegendes.
2) Steht an der Spitze der feindlichen Kräfte, wenn auch kein Feldherrn-Genie, so doch ein anerkannt tüchtiger Karakter, ein bewährtes Talent, so rechne man schon darauf, daß derselbe doch auch nicht Alles unternimmt, was möglicherweise zu unserm Nachtheil gereichen könnte, weil ihm hierbei jederzeit einzelne Hemmungen und Hindernisse in den Weg treten, welche uns unbekannt sind.
3) Ist die Führung beim Gegner in mittelmäßigen Händen, so sei man überzeugt, daß dort kaum die Hälfte von Dem ausgeführt wird, was ausgeführt werden könnte, und gewiß das Kühnste, das uns am Gefährlichsten, am wenigsten; überhaupt läßt sich bei einem solchen Gegner auch mit ziemlicher Sicherheit erwarten, daß er weniger darauf bedacht sein wird, etwas gegen uns zu unternehmen, als nur sich selbst gegen Das zu schützen, was er von uns befürchtet, und daß dies sich in
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Friedrich von Waldersee: Der Kampf in Dresden im Mai 1849. E. S. Mittler und Sohn, Berlin 1849, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_in_Dresden_im_Mai_1849.pdf/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)