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im fernen Westen niedergelassen, hatte dies natürlich aus keiner andern Ursache gethan, als um mit den Indianern Handel zu treiben und ihnen ihre Felle so billig wie möglich abzunehmen, hingegen seine Waaren, die sie von ihm, aus Mangel an einem andern Händler in der Nähe, kaufen mußten, so hoch als möglich anzuschlagen. Dennoch hatte er, trotz dem, daß er bei dem Handel schon viel Geld verdient und die armen unwissenden Indianer oft, ja fast bei jedem Geschäft übervortheilte, diese durch sein immer freundliches, gemüthliches Wesen (er war, ganz unähnlich den Yankees, ein kleiner, dicker Mann, und alle kleinen dicken Männer sind gemüthlich) so für sich eingenommen, daß sie gern und willig mit ihm verkehrten und sich nie, selbst nicht bei ihren heftigsten Streitigkeiten, die keineswegs selten vorfielen, feindlich gegen ihn benahmen.

Er trieb, wie alle diese Kaufleute, oder besser Krämer, an den Indianischen Grenzen, oder selbst in den westlichen Ansiedelungen, fast nur Tauschhandel und gab für Felle und geräuchertes oft auch frisches Fleisch, für Pelze und gegerbte Häute, für Bärenöl und Honig, wieder solche Waaren, deren die Indianer bedurften, als Pulver und Blei, Decken, Eisenwaaren (wie Tomahawks und Messer), Büchsen, Zinober, Glascorallen etc. etc.; sein Haupthandel bestand aber in dem verbotenen Whiskey[1], den er um so theuerer an die Indianer abließ, da diese wußten, daß es ihm durch das Gesetz von seinem großen Häuptling verboten war, ihnen das „fließende Feuer“ weder zu schenken noch zu verkaufen. Er hielt auch aus dem Grunde die Fässer unter dem Haus vergraben, hatte jedoch in diesem abgelegenen Theil des Staates wenig Nachsuchung zu fürchten. –

Der Alte saß vor der Thür seines kleinen Waarenlagers und schaute, behaglich rauchend, einem Volk großer schwarzer Truthühner (aus Eiern der wilden auferzogen) zu, die um ihn herum die zerstreuten Körner und Saamen aufpickten, als den kleinen Fußpfad entlang, der aus dem Walde gerade auf sein Haus zuführte, unser schon vorher eingeführter Indianer schnellen Schrittes daher kam und tief Athem holend seine Last zu den Füßen des Jankee’s[2] abwarf.

„Hallo Tom,“ rief dieser, dem Wilden die Hand entgegenstreckend, „hast wacker getragen! Nun, was bringst Du? zwei Felle und ein Stück roh Fleisch? – bah! ist das die ganze Jagd?“

„Gut – setze den Fall, Ihr geht – nehmt Flinte – kriecht durch Büsche – kriecht durch die Prairien auf Bauch weit – weit – schleicht an Hirsch – setze den Fall, Ihr schießt nichts!“ erwiederte Tom.

„Wohl möglich!“ lachte der Alte, „ich müßte mich auch gut ausnehmen, wenn ich im nassen Grase auf dem Bauche herumkriechen wollte – nein – nein; ich bin übrigens nie ein Jäger gewesen und das einzige Große, was ich je geschossen habe, war bei St. Louis eine von meines Schwagers Kühen, als wir ein Mal Nachts mit der Fackel eine Feuerjagd machen wollten.“

Der Indianer grinste. „Euer Schwager wird recht Freude gehabt haben,“ fuhr er nach einer kleinen Pause wieder ganz ernsthaft fort.

„Ja! Er schwur, ich dürfe nie wieder eine Büchse anrühren, so lange ich mich in der Nähe seiner Kühe und Schweine befände – nun ich war damit zufrieden – aber, Tom, was führt Dich zu mir? was willst Du für Deine Felle haben? soll ich denn das Fleisch auch behalten?“

„Guter, fetter Bock,“ sagte Tom, den Hirsch herumdrehend, daß der Alte den breiten Rücken sehen konnte, – „nicht so breit wie Ihr!“ fuhr er grinsend fort, „aber viel breit, sehr viel breit.“

„Nun gut, komm! trag es hier in den Laden, da kann ich Dir gleich was Du dafür haben willst geben,“ erwiederte Jener und schritt ihm voran in das kleine Gebäude, während der Indianer seine Schrotflinte auswendig daran lehnte und ihm mit seiner Beute folgte.

Drinnen angelangt, legte er Alles auf den Ladentisch und begann dann zwischen den Waaren, die überall zur Schau aushingen, umherzublicken, als ob er sich Etwas aussuchen wollte.

„Nun, Tom, was willst Du heute Morgen haben?“ fragte ihn endlich der Alte; „heraus mit der Sprache.“

„Wenig Pulver, wenig Blei, wenig Messer, wenig Tabak und viel Whiskey!“ sagte Tom.

„Whiskey? pfui Tom,“ verwies ihn Jener, „Du weißt, ich darf keinen Whiskey verkaufen und ich möchte nicht um alle rothen Felle, die in ganz Missouri herumlaufen, Unannehmlichkeiten wegen Verkauf von Whiskey haben. Tom, Du willst mich nur auf die Probe stellen!“


  1. Maisbranntwein.
  2. Eingeborene Amerikaner der Vereinigten Staaten, aus dem Nord-Osten.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Der Osage. Baumgärtner, Leipzig 1844, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Osage-Gerstaecker-1844.djvu/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)