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Im Frühjahre 1840 siedelte die Gräfin Kielmannsegge in das Wasserpalais über. Ihre Behausung bot namentlich im Äußern, aber auch im Innern, das Bild einer gewissen Dürftigkeit. Nach der Hinterseite, also nach der Weißeritzbrücke zu, waren die meisten, insbesondere alle oberen Fenster des Wasserschlößchens immer durch Läden geschlossen, so daß es schien als ob das Gebäude völlig unbewohnt sei. Auch das Innere desselben entsprach keineswegs den Anforderungen, die man an eine gräfliche Wohnung stellt. Zwar entbehrten die meist mit dunklen Möbeln ausgestatteten Zimmer nicht alles Schmuckes und aller Bequemlichkeit. Es fehlte nicht an mancherlei Nippsachen, die auf Kaminen, auf Tischchen und Schränken passende Aufstellung gefunden hatten. An den Wänden hingen Ölbilder, Kupferstiche und Lithographien, unter welch letzteren die Bildnisse Napoleons I., der Kaiserin Josephine, des Vicekönigs Eugen, der Königin Hortense, des Prinzen und der Prinzession Jerôme der Gräfin überaus teuer waren. Hier und da stand auch ein besonders wertvolles Möbelstück[1]; aber trotz alledem konnte man im Wasserschlößchen nicht das Gefühl jener Behaglichkeit gewinnen, welches geschmackvoll ausgestattete Räume vornehmer Personen in jedem Eintretenden hervorrufen.

Die Gräfin selbst paßte vollständig in diese klösterliche Häuslichkeit. Mit jener Zeit, wo sie als gefeierte Schönheit sich in kostbare Stoffe kleidete und mit Gold und Edelsteinen schmückte, hatte sie völlig abgeschlossen. Jetzt trug sie im Hause und auf ihren wenigen Ausgängen einen Art Überrock, der aus einfachem baumwollenen Stoffe gefertigt war und fast ihre ganze Gestalt einhüllte, während den Kopf eine große, mit breiter Spitze besetzte Haube bedeckte. Die Schmucksachen, insbesondere jenes kostbare, mit zehn großen Diamanten besetzte Halsband, das einen Wert von etwa 13000 Mark repräsentierte[2] und das die Gräfin einst so gern getragen, lagen jetzt völlig unberührt im Schranke.

Nach dem am 26. April 1863 erfolgten Tode der Gräfin ging das von ihr hinterlassene Wasserschlößchen mit allen darin befindlichen Kunstsachen und Möbeln an ihren Urenkel Hermann


  1. A. Ger. A. Nachlaßverzeichnis der Mobilien der Gräfin K.
  2. Ebenda

Anmerkungen des Übersetzers

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Hantzsch: Der Reisewitzische Garten in Plauen bei Dresden. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens. Achtes Heft. Dresden 1888, Seite 64-92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Reisewitzische_Garten_in_Plauen_bei_Dresden.pdf/26&oldid=- (Version vom 13.9.2022)