Seite:Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien-Lorinser-1845.pdf/37

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Wenn man die Trunksucht nach ihren Eigenschaften und Wirkungen betrachtet, die in der Seele wie im Leibe des Menschen sich offenbaren, so wird man in ihr ein Doppelwesen erkennen, das eben sowohl ein Laster als eine Krankheit ist, mithin in Bezug auf den Willen eine Bekehrung, in physischer Hinsicht eine Genesung erfordert, einerseits also durch moralische und religiöse Mittel, andererseits durch eine veränderte Diät, und zuweilen auch mit Zuziehung von Arzneien zu heben ist. Ein fester Entschluß ist immer die erste und die Hauptbedingung; er kann der Versuchung widerstehn, und selbst die widerstrebende Natur bezwingen. Bekanntlich sind jedoch vernünftige Vorstellungen und moralische Betrachtungen, sogar bei gebildeten und willenskräftigen Personen selten genügend, einen solchen Entschluß hervorzubringen, und eine Entwöhnung herbeizuführen; wer aber unsere slavischen Landleute kennt, wird unschwer einsehen, daß bei einem Laster, gegen welches die von ihnen als die heiligste Autorität verehrte Macht der Kirche so viele Jahre nur mit so schwachem Erfolge gekämpft, die bloße Sittenpredigt und alle Berechnungen und Reflexionen des Verstandes noch viel erfolgloser sich erweisen mußten. – Wollte man das Uebel nur als eine Krankheit betrachten, und ihr schnelles Umschlagen in Enthaltsamkeit etwa für eine nach natürlichen Gesetzen geschehende Umkehrung zweier entgegengesezter Pole halten, oder als eine Krisis gelten lassen, bei welcher das herstellende Princip des Lebens über das