Seite:Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien-Lorinser-1845.pdf/87

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Ausgabe auch Mittel zur Anschaffung besserer Nahrung in den Händen bleiben. Von diesen Mitteln wird nun auch fleißig Gebrauch gemacht, und eine solche Familie kann jezt in einer Woche mehr Fleisch verzehren, als sie sonst im ganzen Jahre nicht auf ihrem Tische gesehen. Ein Beispiel für viele: Die Frau eines Arbeiters, durch die Trunksucht des Mannes schon lange zur Bettlerin geworden, hatte öfters den Fleischer um einen Abfall von der Schlachtbank angesprochen, und auch gewöhnlich das Erbetene als Almosen empfangen. Endlich erscheint sie wieder, und nimmt mit prüfendem Blick ein großes und feistes Stück Fleisch in Betrachtung, schüchtern fragend, wie viel es wohl wiegen und kosten werde. Der bisherige Wohlthäter, schon im Begriff, ihr wie sonst einen Ochsenfuß hinzuwerfen, wird ärgerlich über das Ansinnen, und bedeutet die Fragende, ihn in Ruhe zu lassen, da sie ja doch nichts kaufen werde. Diese aber erzählt mit halb empfindlichen, halb frohen Reden: die Zeiten hätten sich seit Kurzem gar sehr geändert; früher habe sie betteln und mit den Kindern darben müssen, weil der Mann den ganzen Wochenlohn im Branntweinhause durchgebracht; jezt aber empfange sie jeden Sonnabend das Verdiente ohne Abzug, und könne eine ordentliche Haushaltung führen. Zur Bekräftigung des Gesagten zieht sie den klingenden Beweis hervor, berichtigt ihren Einkauf, und entfernt sich mit hoher Genugthuung von dem besänftigten Fleischer, der über die Veränderung der Zeiten sich nicht genug wundern kann. –