Seite:Der Stechlin (Fontane) 039.jpg

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gerade solchen Häusern hab’ ich meine beste Zeit verbracht, als ich noch ein Quack war, höchstens vierzehn. Und so grausam wild. Damals waren nämlich noch die Rinnsteine, und wenn es dann regnete und alles überschwemmt war und die Bretter anfingen, sich zu heben, und schon so halb herumschwammen, und die Ratten, die da drunter steckten, nicht mehr wußten, wo sie hin sollten, dann sprangen wir auf die Bohlen rauf, und nun die Biester ’raus, links und rechts, und die Jungens hinterher, immer aufgekrempelt und ganz nackigt. Und einmal, weil der eine Junge nicht abließ und mit seinen Holzpantinen immer drauf losschlug, da wurde das Untier falsch und biß den Jungen so, daß er schrie! Nein, so hab’ ich noch keinen Menschen wieder schreien hören. Und es war auch fürchterlich.“

     „Ja, das ist es. Und da helfen bloß Rattenfänger.“

     „Ja, Rattenfänger, davon hab’ ich auch gehört – Rattenfänger von Hameln. Aber die giebt es doch nicht mehr.“

     „Nein, gnädige Frau, die giebt es nicht mehr, wenigstens nicht mehr solche Hexenmeister mit Zauberspruch und einer Pfeife zum pfeifen. Aber die meine ich auch gar nicht. Ich meine überhaupt nicht Menschen, die dergleichen als Metier betreiben und sich in den Zeitungen anzeigen, unheimliche Gesichter mit einer Pelzkappe. Was ich meine, sind bloß Pinscher, die nebenher auch noch ‚Rattenfänger‘ heißen und es auch wirklich sind. Und mit einem solchen Rattenfänger auf die Jagd gehen, das ist eigentlich das Schönste, was es giebt.“

     „Aber mit einem Pinscher kann man doch nicht auf die Jagd gehen!“

     „Doch, doch, meine gnädigste Frau. Als ich in Paris war (ich war da nämlich mal hinkommandiert), da bin ich mit ’runtergestiegen in die sogenannten Katakomben, hochgewölbte Kanäle, die sich unter der Erde

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_039.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)