Seite:Der Stechlin (Fontane) 046.jpg

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er sich dran. Und dann ist ja auch gleich wieder die Verführung da. Gott, daß man gerade immer über solche Dinge reden muß; noch keine Stunde, daß ich mit dem Herrn Hauptmann über unsern Volontär Vehmeyer gesprochen habe, netter Mensch, und nun gleich wieder mit Ihnen, Herr Pastor, auch über so was. Aber es geht nicht anders. Und dann sind Sie ja doch auch wie verantwortlich für seine Seele.“

     Lorenzen lächelte. „Gewiß, liebe Frau von Gundermann. Aber was ist es denn? Um was handelt es sich denn eigentlich?“

     „Ach, es ist an und für sich nicht viel und doch auch wieder eine recht ärgerliche Sache. Da haben wir ja jetzt die Jüngste von unserm Schullehrer Brandt ins Haus genommen, ein hübsches Balg, rotbraun und ganz kraus, und Brandt wollte, sie solle bei uns angelernt werden. Nun, wir sind kein großes Haus, gewiß nicht, aber Mäntel abnehmen und ’rumpräsentieren, und daß sie weiß, ob links oder rechts, so viel lernt sie am Ende doch.“

     „Gewiß. Und die Frida Brandt, o, die kenn ich ganz gut; die wurde jetzt gerade vorm Jahr eingesegnet. Und es ist, wie Sie sagen, ein allerliebstes Geschöpf und klug und aufgekratzt, ein bißchen zu sehr. Sie will zu Ostern nach Berlin.“

     „Wenn sie nur erst da wäre. Mir thut es beinahe schon leid, daß ich ihr nicht gleich zugeredet. Aber so geht es einem immer.“

     „Ist denn was vorgefallen?“

     „Vorgefallen? Das will ich nicht sagen. Er is ja doch erst sechzehn und eine Dusche dazu, gerade wie sein Vater; der hat sich auch erst rausgemausert, seit er grau geworden. Was beiläufig auch nicht gut ist. Und da komme ich nun gestern vormittag die Treppe ’rauf und will dem Jungen sagen, daß er in den Dohnenstrich geht und nachsieht, ob Krammetsvögel da sind, und die Thür

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_046.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)