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eingereicht. Und natürlich gegen beide. Warum müssen es immer Ballons sein? Und wenn schon, na, dann lieber solche wie diese. Die lass’ ich mir gefallen.“ Und dabei hob er die Bocksbeutelflasche.

     „Wie diese,“ bestätigte Czako.

     „Ja, Czako, Sie sind ganz der Mann, meinen Papa in seiner Idiosynkrasie zu bestärken.“

     „Idiosynkrasie,“ wiederholte der Alte. „Wenn ich so was höre. Ja, Woldemar, da glaubst du nun wieder wunder was Feines gesagt zu haben. Aber es ist doch bloß ein Wort. Und was bloß ein Wort ist, ist nie was Feines, auch wenn es so aussieht. Dunkle Gefühle, die sind fein. Und so gewiß die Vorstellung, die ich mit dieser lieben Flasche hier verbinde, für mich persönlich was Celestes hat… kann man Celestes sagen? …“ Lorenzen nickte zustimmend, „so gewiß hat die Vorstellung, die sich für mich an diese Globsower Riesenbocksbeutelflaschen knüpft, etwas Infernalisches.“

     „Aber Papa.“

     „Still, unterbrach mich nicht, Woldemar. Denn ich komme jetzt eben an eine Berechnung, und bei Berechnungen darf man nicht gestört werden. Über hundert Jahre besteht nun schon diese Glashütte. Und wenn ich nun so das jedesmalige Jahresprodukt mit hundert multipliziere, so rechne ich mir alles in allem wenigstens eine Million heraus. Die schicken sie zunächst in andre Fabriken, und da destillieren sie flott drauf los und zwar allerhand schreckliches Zeug in diese grünen Ballons hinein: Salzsäure, Schwefelsäure, rauchende Salpetersäure. Das ist die schlimmste, die hat immer einen rotgelben Rauch, der einem gleich die Lunge anfrißt. Aber wenn einen der Rauch auch zufrieden läßt, jeder Tropfen brennt ein Loch, in Leinwand oder in Tuch oder in Leder, überhaupt in alles; alles wird angebrannt und angeätzt. Das ist das Zeichen unsrer Zeit jetzt, ‚angebrannt und angeätzt‘.

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_082.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)