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Thormeyer führten das Wort. Von Wahl und Politik – nur über Gundermann fiel gelegentlich eine spöttische Bemerkung – war längst keine Rede mehr, statt dessen befleißigte man sich, die neuesten Klatschgeschichten aus der Grafschaft heranzuziehen. „Ist es denn wahr,“ sagte Kraatz, „daß die schöne Lilli nun doch ihren Vetter heiraten wird, oder richtiger, der Vetter die schöne Lilli?“

     „Vetter?“ fragte Peerenboom.

     „Ach, Peerenboom, Sie wissen auch gar nichts; Sie sitzen immer noch zwischen Ihren Delfter Kacheln und waren doch schon ’ne ganze Weile hier, als die Lilli-Geschichte spielte.“

     Peerenboom ließ sich’s gesagt sein und begrub jede weitere Frage, was er, ohne sich zu schädigen, auch ganz gut konnte, da kein Zweifel war, daß der, der das Lilli-Thema heraufbeschworen, über kurz oder lang ohnehin alles klarlegen würde. Das geschah denn auch.

     „Ja, diese verdammten Kerle,“ fuhr v. Kraatz fort, „diese Lehrer! Entschuldigen Sie, Luckhardt, aber Sie sind ja beim Gymnasium, da liegt alles anders, und der, der hier ’ne Rolle spielt, war ja natürlich bloß ein Hauslehrer, Hauslehrer bei Lillis jüngstem Bruder. Und eines Tages waren beide weg, der Kandidat und Lilli. Selbstverständlich nach England. Es kann einer noch so dumm sein, aber von Gretna Green hat er doch mal gehört oder gelesen. Und da wollten sie denn auch beide hin. Und sind auch. Aber ich glaube, der Gretna Greensche darf nicht mehr trauen. Und so nahmen sie denn Lodgings in London, ganz ohne Trauung. Und es ging auch so, bis ihnen das kleine Geld ausging.“

     „Ja, das kennt man.“

     „Und da kamen sie denn also wieder. Das heißt, Lilli kam wieder. Und sie war auch schon vorher mit dem Vetter so gut wie verlobt gewesen.“

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_253.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)