Seite:Der Stechlin (Fontane) 295.jpg

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hin und sah eben auf die von Globsow her heraufführende schmale Straße, als er einer alten Frau von wohl siebzig gewahr wurde, die, mit einer mit Reisig bepackten Kiepe, den leis ansteigenden Weg heraufkam, etliche Schritte vor ihr ein Kind mit ein paar Enzianstauden in der Hand. Das Kind, ein Mädchen, mochte zehn Jahr sein, und das Licht fiel so, daß das blonde wirre Haar wie leuchtend um des Kindes Kopf stand. Als die Kleine bis fast an die Bank heran war, blieb sie stehn und erwartete da das Näherkommen der alten Frau. Diese, die wohl sah, daß das Kind in Furcht oder doch in Verlegenheit war, sagte: „Geih man vorupp, Agnes; he deiht di nix.“

     Das Kind, sich bezwingend, ging nun auch wirklich, und während es an der Bank vorüberkam, sah es den alten Herrn mit großen klugen Augen an.

     Inzwischen war auch die Alte herangekommen.

     „Na, Buschen,“ sagte Dubslav, „habt Ihr denn auch bloß Bruchholz in Eurer Kiepe? Sonst packt Euch der Förster.“

     Die Alte griente. „Jott, jnädiger Herr, wenn Se doabi sinn, denn wird he joa woll nich.“

     „Na, ich denk’ auch; is immer nich so schlimm. Und wer is denn das Kind da?“

     „Dat is joa Karlinens.“

     „So, so, Karlinens. Is sie denn noch in Berlin? Und wird er sie denn heiraten? Ich meine den Rentsch in Globsow.“

     „Ne, he will joa nich.“

     „Is aber doch von ihm?“

     „Joa, se seggt so. Awers he seggt, he wihr et nich.“

     Der alte Dubslav lachte. „Na, hört, Buschen, ich kann’s ihm eigentlich nich verdenken. Der Rentsch is ja doch ein ganz schwarzer Kerl. Un nu seht Euch mal das Kind an.“

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_295.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)