Seite:Der Stechlin (Fontane) 324.jpg

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was Dein alter Vater, weil Feilenhauer Torgelow mächtiger war als er, nicht erreichen konnte: den Einzug ins Reichshaus mit dem freien Blick auf Kroll. Mehr kann ich in diesem Augenblick nicht sagen, auch meine Freude nicht höher spannen, und in diesem relativen Ruhigbleiben empfind’ ich zum erstenmal eine gewisse Familienähnlichkeit mit meiner Schwester Adelheid, deren Glaubensbekenntnis im letzten darauf hinausläuft: Kleinadel über Hochadel, Junker über Graf. Ja, ich fühle, Deinen Gräflichkeiten gegenüber, wie sich der Junker ein bißchen in mir regt. Die reichen und vornehmen Herren sind doch immer ganz eigene Leute, die wohl Fühlung mit uns haben, unter Umständen auch suchen, aber das Fühlunghalten nach oben ist ihnen schließlich doch viel, viel wichtiger. Es heißt wohl immer „wir Kleinen, wir machten alles und könnten alles,“ aber bei Lichte besehn, ist es bloß das alte: „Du glaubst zu schieben und Du wirst geschoben.“ Glaube mir, Woldemar, wir werden geschoben und sind bloß Sturmbock. Immer dieselbe Geschichte, wie mit Protz und Proletarier. Die Proletarier – wie sie noch echt waren, jetzt mag es wohl anders damit sein – waren auch bloß immer dazu da, die Kastanien aus dem Feuer zu holen; aber ging es dann schief, dann wanderte Bruder Habenichts nach Spandau und Bruder Protz legte sich zu Bett. Und mit Hochadel und Kleinadel ist es beinah’ ebenso. Natürlich heiratet eine Ermyntrud mal einen Katzler, aber eigentlich äugt sie doch mehr nach einem Stuart oder Wasa, wenn es deren noch giebt. Wird aber wohl nich. Entschuldige diesen Herzenserguß, dem Du nicht mehr Gewicht beilegen mußt, als ihm zukommt. Es kam mir das alles so von ungefähr in die Feder, weil ich grade heute wieder gelesen habe, wie man einen von uns, der durch Eintreten eines Ippe-Büchsenstein hätte gerettet werden können, schändlich im Stich gelassen hat. Ippe-Büchsenstein ist natürlich nur Begriff. Alles in allem:

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_324.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)