Seite:Der Stechlin (Fontane) 350.jpg

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auch ein paar ihrer Pickäxte mitgebracht haben. Ich taxiere das Eis auf nicht dicker als zwei Fuß, und wenn sich die Leute dran machen, so haben wir in zehn Minuten eine große Lune, und der Hahn, wenn er nur sonst Lust hat, kommt aus seiner Tiefe herauf. Befehlen Frau Gräfin?“

     „Um Gottes willen, nein. Ich bin sehr für solche Geschichten und bin glücklich, daß die Familie Stechlin diesen See hat. Aber ich bin zugleich auch abergläubisch und mag kein Eingreifen ins Elementare. Die Natur hat jetzt den See überdeckt; da werd’ ich mich also hüten, irgend was ändern zu wollen. Ich würde glauben, eine Hand führe heraus und packte mich.“

     Adelheid war bei diesen Worten immer gerader und länger geworden und rückte mit Ostentation von Melusine weg, mehr der Banklehne zu, wo, halb wie das gute Gewissen, halb wie die göttliche Weltordnung, Uncke stand und durch seine bloße Gegenwart den Gemütszustand der Domina wieder beschwichtigte. Nur von Zeit zu Zeit sah sie fragend, forschend und vorwurfsvoll auf ihren Bruder.

     Dieser wußte genau, was in seiner Schwester Seele vorging. Es erheiterte ihn ungemein, aber es beunruhigte ihn doch auch. Wenn diese Gefühle wuchsen, wohin sollte das führen? Die Möglichkeit einer schrecklichen Scene, die sein Haus mit einer nicht zu tilgenden Blame behaftet hätte, trat dabei vor seine Seele.

     Der Himmel hatte aber ein Einsehn. Schon seit einer Viertelstunde lag ein grauer Ton über der Landschaft und plötzlich fielen Flocken, erst vereinzelte, dann dicht und reichlich. Den Weg bis Globsow fortzusetzen, daran war unter diesen Umständen gar nicht mehr zu denken, und so brach man denn auf, um ins Schloß zurückzukehren. Auch auf einen Besuch in der Kirche, weil es da zu kalt sei, wurde verzichtet.

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_350.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)