Seite:Der Stechlin (Fontane) 352.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht verantworten. Hier haben wir wenigstens eine gute Temperatur.“

     „Die immer die Hauptsache bleibt. Ach, eine gute Temperatur! Gesellschaftlich ist sie beinah’ alles und dabei leider doch so selten. Ich kenne Häuser, wo, wenn Sie den Widersinn verzeihen wollen, der kalte Ofen gar nicht ausgeht. Aber erlassen Sie mir gütigst den Sofaplatz hier; ich fühle mich dazu noch nicht ‚alte Dame‘ genug und möcht’ auch gern en vue der beiden Bilder bleiben, trotzdem ich das eine davon schon so gut wie kenne.“

     „Die Kreuzabnahme?“

     „Nein! das andre.“

     „Die Lind also?“

     „Ja.“

     „So haben Sie das schöne Bild in der Nationalgalerie gesehn?“

     „Auch das. Aber doch freilich erst seit ganz kurzem, während ich von Ihrer Aquarellkopie schon seit ein paar Monaten weiß. Das war auf einer Dampfschiffahrt, die wir nach dem sogenannten ‚Eierhäuschen‘ machten und der Ausplauderer über das Bild da vor mir, war niemand anders als Ihr Zögling Woldemar, auf den Sie stolz sein können. Er freilich würde den Satz umkehren, oder sage ich lieber, er that es. Denn er sprach mit solcher Liebe von Ihnen, daß ich Sie von jenem Tag an auch herzlich liebe, was Sie sich schon gefallen lassen müssen. Ein Glück nur, daß er sich draußen verabschiedet hat und nicht hören kann, was ich hier sage…“

     Lorenzen lächelte.

     „Sonst hätten sich diese Bekenntnisse verboten. Aber da sie nun mal gemacht sind und man nie weiß, wann und wie man wieder zusammenkommt, so lassen Sie mich darin fortfahren. Woldemar erzählte mir – Pardon für meine Indiskretion – von Ihrer Schwärmerei für die

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_352.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)