Seite:Der Stechlin (Fontane) 371.jpg

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nur ganz leise, nur ganz obenhin streifende Worte schon zuwider waren. „Ach, laß doch diese geborne Helfrich,“ sagte sie, „diese Tochter von dem alten Hauptmann, der die Schlacht bei Leipzig gewonnen haben soll. So wenigstens erzählt sie beständig. Eine schreckliche Frau, die gar nicht in unsre Gesellschaft paßt. Und dabei so laut. Ich kann es nicht leiden, wenn wir so mit Gewalt nach oben blicken sollen, aber diese Helfrich, das muß ich sagen, ist denn doch auch nicht mein Geschmack. Ich halte das Unter-sich-bleiben für das einzig Richtige. Bescheidene Verhältnisse, aber bestimmt gezogene Grenzen.“

     Lorenzen hütete sich zu widersprechen, versuchte vielmehr umgekehrt durch ein halbes Eingehn auf Adelheid und ihren Ton, eine bessere Laune wieder herzustellen. Als er aber sah, daß er damit scheiterte, brach er auf.

     Und nun waren die beiden alten Geschwister allein.

     Dubslav ging im Zimmer unruhig auf und ab und trat nur dann und wann an den Tisch heran, auf dem noch vom Kaffee her die Liquerflaschen standen. Er wollte was sagen, traute sich’s aber nicht recht, und erst als er zu zwei Curaçaos auch noch einen Benediktiner hinzugefügt hatte, wandte er sich an die Schwester, die, schweigsam wie er selbst, ihre kleine goldene Kette hin und her zog.

     „Ja,“ sagte er, „jetzt sind sie nun wohl schon in Woltersdorf.“

     „Ich vermute drüber ’raus. Woldemar wird die Pferde natürlich ausholen lassen. Es sind, glaub’ ich, Damen, die nicht gerne langsam fahren.“

     „Du sagst das so, Adelheid, als ob du’s tadeln wolltest, überhaupt als ob dir die Damen nicht sonderlich gefallen hätten. Das sollte mir leid thun. Ich bin sehr glücklich über die Partie. Gewiß, sowohl die Gräfin wie die Comtesse sind verwöhnt; das merkt man. Aber ich möchte sagen, je verwöhnter sie sind…“

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_371.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)