Seite:Der Stechlin (Fontane) 386.jpg

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     „Nein, Herr Hofprediger. So bei Kindern wohnen ist immer mißlich. Und mein Sohn weiß das auch; er kennt den Geschmack oder meinetwegen auch bloß die Schrullenhaftigkeit seines Vaters, und so hat er mich, was immer das beste bleibt, in einem Hotel untergebracht.“

     „Und Sie sind da zufrieden?“

     „Im höchsten Maße, wiewohl es ein bißchen über mich hinausgeht. Ich bin noch aus der Zeit von Hotel de Brandebourg, an dem mich immer nur die Französierung ärgerte, – sonst alles vorzüglich. Aber solche Gasthäuser sind eben, seit wir Kaiser und Reich sind, mehr oder weniger altmodisch geworden, und so bin ich denn durch meinen Sohn im Hotel Bristol untergebracht worden. Alles ersten Ranges, kein Zweifel, wozu noch kommt, daß mich der bloße Name schon erheitert, der neuerdings jeden Mitbewerb so gut wie ausschließt. Als ich noch Lieutenant war, freilich lange her, mußten alle Witze von Glasbrenner oder von Beckmann sein. Beckmann war erster Komiker, und wenn man in Gesellschaft sagte: ‚da hat ja wieder der Beckmann…‘ so war man mit seiner Geschichte so gut wie ’raus. Und wie damals mit den Witzen, so heute mit den Hotels. Alle müssen ‚Bristol‘ heißen. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, wie gerade Bristol dazu kommt. Bristol ist doch am Ende nur ein Ort zweiten Ranges, aber Hotel Bristol ist immer prima. Ob es hier wohl Menschen giebt, die Bristol je gesehn haben? Viele gewiß nicht, denn Schiffskapitäne, die zwischen Bristol und New-York fahren, sind in unserm guten Berlin immer noch Raritäten. Übrigens darf ich bei allem Respekt vor meinem berühmten Hotel sagen, unberühmte sind meist interessanter. So zum Beispiel bayrische Wirtshäuser im Gebirge, wo man eine dicke Wirtin hat, von der es heißt, sie sei mal schön gewesen, und ein Kaiser oder

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_386.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)