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hatte. Ich bin nicht für die patentierte Freiheit der Parteiliberalen, aber ich bin doch für ein bestimmtes Maß von Freiheit überhaupt. Und wenn mich nicht alles täuscht, so wird auch in unsern Reihen allmählich der Glaube lebendig, daß wir uns dabei, – besonders auch rein praktisch-egoistisch, – am besten stehn.“

     Der alte Barby freute sich sichtlich dieser Worte. Dubslav aber fuhr fort: „Übrigens, das muß ich sagen dürfen, lieber Graf, Sie wohnen hier brillant an Ihrem Kronprinzenufer; ein entzückender Blick, und Fremde würden vielleicht kaum glauben, daß an unsrer alten Spree so was hübsches zu finden sei. Die Niederlassungs- und speziell die Wohnungsfrage spielt doch, wo sich’s um Glück und Behagen handelt, immer stark mit, und gerade Sie, der Sie so lange draußen waren, werden, ehe Sie hier dies Vis-a-vis von unsrer Jungfernheide wählten, nicht ohne Bedenken gewesen sein. In Bezug auf die Landschaft gewiß und in Bezug auf die Menschen vielleicht.“

     „Sagen wir, auch da gewiß. Ich hatte wirklich solche Bedenken. Aber sie sind niedergekämpft. Vieles gefiel mir durchaus nicht, als ich, nach langen, langen Jahren, aus der Fremde wieder nach hier zurückkam, und vieles gefällt mir auch noch nicht. Überall ein zu langsames Tempo. Wir haben in jedem Sinne zu viel Sand um uns und in uns, und wo viel Sand ist, da will nichts recht vorwärts, immer bloß hüh und hott. Aber dieser Sandboden ist doch auch wieder tragfähig, nicht glänzend, aber sicher. Er muß nur, und vor allem der moralische, die richtige Witterung haben, also zu rechter Zeit Regen und Sonnenschein. Und ich glaube, Kaiser Friedrich hätt’ ihm diese Witterung gebracht.“

     „Ich glaub’ es nicht,“ sagte Dubslav.

     „Meinen Sie, daß es ihm schließlich doch nicht ein rechter Ernst mit der Sache war?“

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_404.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)