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Sohn Isidor schuld ist – mit einem Mal ist der Pferdefuß ’rausgekommen.“

     „Ja,“ lachte Koseleger, „der kommt immer mal ’raus. Und nicht bloß bei Baruch. Ich muß aber sagen, das alles hat mit der Rasse viel, viel weniger zu schaffen, als mit dem jeweiligen Beruf. Da war ich eben bei der Frau von Gundermann…“

     „Und da war auch so was?“

     „In gewissem Sinne, ja. Natürlich ein bißchen anders, weil es sich um etwas Weibliches handelte. ‚Stütze der Hausfrau‘. Und da bändelt sich denn leicht was an. Eben diese ‚Stütze der Hausfrau‘ war bis vor kurzem noch Erzieherin, und mit Erzieherinnen, alten und jungen, hat’s immer einen Haken, wie mit den Lehrern überhaupt. Es liegt im Beruf. Und der Seminarist steht oben an.“

     „Ich kann mich nicht erinnern,“ sagte Dubslav, „in unserer Gegend irgend was gröblich Verletzliches erlebt zu haben.“

     „O, ich bin mißverstanden,“ beschwichtigte Koseleger und rieb sich mit einem gewissen Behagen seine wohlgepflegten Hände. „Nichts von Vergehungen auf erotischem Gebiet, wiewohl es bei den Gundermanns, (die gerad’ in diesem Punkte viel heimgesucht werden,) auch diesmal wieder, ich möchte sagen diese kleine Nebenform angenommen hatte. Nein, der große Seminaristenpferdefuß, an den ich bei meiner ersten Bemerkung dachte, trägt ganz andere Signaturen: Unbotmäßigkeit, Überschätzung und infolge davon ein eigentümliches Bestreben, sich von den Heilsgütern loszulösen, und die Befriedigung des inneren Menschen in einer falschen Wissenschaftlichkeit zu suchen.“

     „Ich will das nicht loben; aber auch solche ‚falsche Wissenschaftlichkeit‘ zählt, dächt ich, in unserer alten Grafschaft zu den allerseltensten Ausnahmen.“

     „Nicht so sehr als Sie vermuten, Herr Major,

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_429.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)