Seite:Der Stechlin (Fontane) 432.jpg

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stößt sich dreimal den Kopp. Und immer an derselben Stelle.“

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     Es schlug zwölf, als Dubslav vom Portal her wieder den Flur passierte. Dabei sah er nach dem Hippenmann hinauf und zählte die Schläge. „Zwölf“, sagte er, „und um zwölf ist alles aus und dann fängt der neue Tag an. Es giebt freilich zwei Zwölfen, und die Zwölf, die da oben jetzt schlägt, das is die Mittagszwölf. Aber Mittag! … Wo bist du Sonne geblieben!“ All dem weiter nachhängend, wie er jetzt öfter that, kam er an seinen Kaminplatz und nahm eine Zeitung in die Hand. Er sah jedoch kaum drauf hin und beschäftigte sich, während er zu lesen schien, eigentlich nur mit der Frage, „wer wohl heute noch kommen könne“, und dabei neben andren Personen aus seiner Umgebung auch an Lorenzen denkend, kam er zu dem Schlußresultat, daß ihm Lorenzen „mit all seinem neuen Unsinn“ doch am Ende lieber sei als Koseleger mit seinen Heilsgütern, von denen er wohl zwei-, dreimal gesprochen hatte. „Ja, die Heilsgüter, die sind ganz gut. Versteht sich. Ich werde mich nicht so versündigen. Die Kirche kann was, is was, und der alte Luther, nu der war schon ganz gewiß was, weil er ehrlich war und für seine Sache sterben wollte. Nahe dran war er. Eigentlich kommt’s doch immer bloß darauf an, daß einer sagt, ‚dafür sterb’ ich‘. Und es dann aber auch thut. Für was, is beinah’ gleich. Daß man überhaupt so was kann, wie sich opfern, das ist das Große. Kirchlich mag es ja falsch sein, was ich da so sage; aber was sie jetzt ‚sittlich‘ nennen (und manche sagen auch ‚schönheitlich‘, aber das is ein zu dolles Wort), also was sie jetzt sittlich nennen, so bloß auf das hin angesehn, da is das persönliche sich einsetzen und für was sterben können

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_432.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)