Seite:Der Stechlin (Fontane) 446.jpg

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     Engelke nickte bloß und legte die Zeitungen, die gekommen waren, auf einen neben dem Frühstückstisch stehenden Gartenstuhl, zu unterst die „Kreuzzeitung“ als Fundament, auf diese dann die „Post“ und zuletzt die Briefe. Die meisten waren offen, Anzeigen und Anpreisungen, nur einer war geschlossen, ja sogar gesiegelt. Poststempel: Berlin. „Gieb mir mal das Papiermesser, daß ich ihn manierlich aufschneiden kann. Er sieht nach was aus, und die Handschrift is wie von ’ner Dame, bloß ein bißchen zu dicke Grundstriche.“

     „Is am Ende von der Gräfin.“

     „Engelke,“ sagte Dubslav, „du wirst mir zu klug. Natürlich is er von der Gräfin. Hier is ja die Krone.“

     Wirklich es war ein Brief von Melusine, samt einer Einlage. Melusinens Zeilen aber lauteten am Schluß: „Und nun bitt’ ich, Ihnen einen Brief beilegen zu dürfen, den unsre liebe Baronin Berchtesgaden gestern aus Rom erhalten hat und zwar von Armgard, deren volles Glück ich aus diesem Brief und allerhand kleinen, ihrem Charakter eigentlich fernliegenden Übermütigkeiten erst so recht ersehn habe.“

     Dubslav nickte. Dann nahm er die Einlage und las:

 „Rom, im März.

 Teuerste Baronin!

     An wen könnt’ ich von hier aus lieber schreiben als an Sie? Vatikan und Lateran und Grabmal Pio Nonos, und wenn ich Glück habe, bin ich auch noch mit dabei, wenn am Gründonnerstage der große Segen gespendet wird. Man muß eben alles mitnehmen. Von Rom zu schwärmen ist geschmacklos und überflüssig dazu, weil man an die Schwärmerei seiner Vorgänger doch nie heranreicht. Aber von unserer

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_446.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)