Seite:Der Stechlin (Fontane) 473.jpg

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Engelke, das Leben is doch eigentlich schwer. Das heißt, wenn’s auf die Neige geht; vorher is es so weit ganz gut. Weißt du noch, wenn wir von Brandenburg nach Berlin ritten? In Brandenburg war nich viel los; aber in Berlin, da ging es.“

     „Ja, gnäd’ger Herr. Aber nu kommt es.“

     „Ja, nu kommt es. Nu is Katzenpfötchen dran. So was gab es damals noch gar nicht. Aber ich will nichts sagen, sonst wird die Buschen ärgerlich, und mit alten Weibern muß man gut stehn; das is noch wichtiger als mit jungen. Und, wie gesagt, die Agnes bleibt. Ich sehe so gern was Zierliches. Es is ein reizendes Kind.“

     „Ja, das is sie. Aber…“

     „Ach, laß die ‚abers‘. Du sagst, sie wird wie die Karline. Möglich is es. Aber vielleicht wird sie auch ’ne Nonne. Man kann nie wissen.“

* * *

     Agnes blieb also bei Dubslav. Sie saß am Fenster und strickte. Mal in der Nacht, als ihm recht schlecht war, hatte er nach dem Kinde rufen wollen. Aber er stand wieder davon ab. „Das arme Kind, was soll ich ihm den Schlaf stören? Und helfen kann es mir doch nicht.“

     So verging eine Woche. Da sagte der alte Dubslav: „Engelke, das mit der Agnes, das kann ich nich mehr mit ansehn. Sie sitzt da jeden Morgen und strickt. Das arme Wurm muß ja hier umkommen. Und alles bloß, weil ich alter Sünder ein freundliches Gesicht sehn will. Das geht so nich mehr weiter. Wir müssen sehn, daß wir was für das Kind thun können. Haben wir denn nicht ein Buch mit Bildern drin oder so was?“

     „Ja, gnäd’ger Herr, da sind ja noch die vier Bände, die wir letzte Weihnachten bei Buchbinder Zippel

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_473.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)