Seite:Der Stechlin (Fontane) 475.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

schon wieder von vorn an; es ist mit allen vier Bänden, so dick sie sind, schon zweimal durch; ich sehe, wir müssen uns was Neues ausbaldowern. Das is nämlich ein Wort aus der Diebssprache; so weit sind wir nu schon. Übrigens ist mir was Gutes eingefallen: hol ihr eine von unsern Wetterfahnen herunter. Die stehn ja da bloß so ’rum, un wenn ich tot bin und alles abgeschätzt wird – was sie ‚ordnen‘ nennen –, dann kommt Kupperschmied Reuter aus Gransee und taxiert es auf fünfundsiebzig Pfennig.“

     „Aber, gnäd’ger Herr, uns’ Woldemar…“

     „Nu ja, Woldemar. Woldemar ist gut, natürlich, und die Comtesse, seine junge Frau, is auch gut. Alles is gut, und ich hab’ es auch nicht so schlimm gemeint; man red’t bloß so. Nur so viel is richtig: meine Sammlung oben is für Spinnweb und weiter nichts. Alles Sammeln ist überhaupt verrückt, und wenn Woldemar sich nich mehr drum kümmert, so is es eigentlich bloß Wiederherstellung von Sinn und Verstand. Jeder hat seinen Sparren, und ich habe meinen gehabt. Bring aber nich gleich alles ’runter. Nur die Mühle bring und den Dragoner.“

     Engelke gehorchte.

     Den ersten Tag, wie sich denken läßt, war Agnes ganz für den Dragoner, der, als man ihn vor Jahr und Tag von seinem Zelliner Kirchturm heruntergeholt hatte, frisch aufgepinselt worden war: schwarzer Hut, blauer Rock, gelbe Hosen. Aber sehr bald hatte sich das Kind an der Buntheit des Dragoners sattgesehen, und nun kam statt seiner die Mühle an die Reihe. Die hielt länger vor. Meistens, – wenn sie nur überhaupt erst im Gange war, – brauchte das Kind bloß zu pusten, um die Mühlflügel in ziemlich rascher Bewegung zu halten, und der schnarrende Ton der etwas eingerosteten Drehvorrichtung war dann jedesmal eine

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 475. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_475.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)