Sie wollte nicht feige, nicht unehrlich sein …
Hob den Kopf … Blickte Bergner fest an …
„Oh – wie unendlich beschämen Sie mich doch – wie unendlich!“ erwiderte sie schlicht … „Ich … ich war ja damals so jung, so … unerfahren … Und – ich war ein Kind aus bescheidensten Verhältnissen, das leider nur zu viel sentimentale verlogene Romane gelesen hatte …!“
Ganz leise dann: „Ich … habe gebüßt … Was ich durchgemacht, ahnen Sie nicht … Die Minuten, die ich vor den schußfertigen Gewehren stand, waren nicht die schlimmsten … Das Furchtbarste war die Erkenntnis, daß Wangorow mich … hinmorden lassen wollte, damit ich … stürbe, damit er mich wieder … los würde, damit er seine … Geliebte …“
Sie brach jäh ab …
Schlug die Hände vor das Gesicht …
Weinte … weinte …
Bat schluchzend:
„Lassen Sie mich jetzt allein … Und – überlassen Sie der Zukunft alles weitere …“
Bergner ging zögernd der Tür zu …
Sah, daß Gertrud auf eine der Rohrbänke sank …
Trat in den strahlenden Sonnenschein hinaus …
Sonnenschein … Frühling … neues Leben …
Er hoffte …
Er wußte jetzt, daß er hoffen durfte …
Hartwich-Harst hatte anstandshalber dem alten Gärtner Thiemig noch mitgeteilt, daß der Herr Generalkonsul ihn und Schnauke mit einem Auftrag nach der Stadt
Walther Kabel: Der Stein der Wangorows. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1926, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stein_der_Wangorows.pdf/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)