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Ein Ausdruck unsäglicher Verachtung erschien auf diesem zarten, vornehmen Antlitz …

„Zum letzten Male sage ich Ihnen: mein Gatte hatte mich nie in diese Dinge eingeweiht – – nie! Ich bin Deutsche von Geburt … Und wie mein Mann mich im übrigen behandelt hat, müßten Sie am besten wissen!“

Der Mann mit den jungenhaft schmalen Schultern schien überrascht … schien …

„Ah – richtig … – eine Deutsche,“ sprach er wie selbstvergessen vor sich hin …

Überlegte dann …

Und die Stimme klang scharf und schneidend, als er nun rief:

„Die Exekution wird verschoben! Wir allein können die Verantwortung nicht übernehmen, eine Deutsche zu erschießen, die noch dazu aus einfachsten Kreisen stammt …“

Gemurmel der Unzufriedenheit …

Ein paar ärgerliche, enttäuschte Zurufe …

Aber – die drohenden Gewehrmündungen senkten sich …

Mit halb irren Augen stierte die Frau in das Flammenmeer des Schlosses …

Sie wußte: nie würde sie diese entsetzlichen Stunden vergessen!

Sie wußte es, – und sie behielt recht …

Als sie drei Tage drauf an die Grenze geschafft und ausgewiesen wurde, als sie jenseits der russischen Grenze bei mitleidigen Menschen zum ersten Male wieder in einen totenähnlichen Schlaf sank, da träumte sie all das Furchtbare nochmals …

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Walther Kabel: Der Stein der Wangorows. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1926, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stein_der_Wangorows.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)